Nach 60 Jahren noch immer kein einziges AKW wirtschaftlich
Dagegen argumentierte die Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm, man könne schwerlich von Marktversagen sprechen, wenn nach 60 Jahren noch immer kein Kernkraftwerk wirtschaftlich betrieben werden könne. Sie bezweifelte im Übrigen, ob es sich bei der britischen Förderung tatsächlich um eine Investitionsbeihilfe handelt und nicht um eine nach europäischem Recht unzulässige Betriebsbeihilfe. Neben einer Kreditgarantie über 22 Milliarden Euro garantiere die Regierung einen festen Abnahmepreis einschließlich Inflationsausgleich sowie einen Ausgleich für den Fall einer Veränderung politischer Rahmenbedingungen, die zu einer Drosselung oder Einstellung des Betriebs führten. Dies sei ein „Rundum-Sorglos-Paket“, bei dem kein Investitionsrisiko bleibe. Ziehm bezweifelte, dass dies mit dem europäischen Beihilferecht sowie dem liberalisierten Strom-Binnenmarkt vereinbar ist, weil die Atomenergie damit nicht so wie jede andere am Binnenmarkt teilnehme.
Dagegen wies Severin Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik darauf hin, dass seit 2009, seit die Energiekompetenz mit dem Vertrag von Lissabon geregelt sei, kein Mitgliedsland in die Entscheidung eines anderen eingegriffen habe. Franz Jürgen Säcker vom Institut für Energie- und Regulierungsrecht Berlin e.V. ergänzte, Großbritannien und Frankreich hätten auch nicht interveniert, als Deutschland mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien den europäischen Strommarkt beeinflusst habe. Großbritannien nehme eine Stromlücke von 60 Gigawatt durch den Ausstieg aus der fossilen Erzeugung an, wovon gerade einmal 5 Gigawatt durch das neue Kernkraftwerk geschlossen würden. Die Auswirkung auf den Strommarkt auf dem Kontinent sei daher gering und damit die Entscheidung der EU-Kommission nicht zu beanstanden.
AKW-Subvention als Präzedenzfall
Marcel Keiffenheim von der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy machte dagegen eine andere Rechnung auf. Demnach würde die Subvention für das neue britische Kernkraftwerk zu einer Minderung des Strompreises in Deutschland um zehn bis 40 Cent pro Megawattstunde führen, bei einem derzeitigen Preis von rund 30 Euro pro MWh. Da die länderübergreifenden Stromtrassen in der EU ausgebaut werden sollen, werde sich der Effekt noch vergrößern. Dazu komme, dass es sich bei der Subvention um einen Präzedenzfall handele. Sechs Länder in der EU überlegten derzeit, nach einem ähnlichen Mechanismus vorzugehen. Das würde tendenziell die deutsche Energiewende gefährden. (hib/pst)
->Quelle: bundestag.de/hib