Klimaforscher spricht im Vatikan zur Öko-Enzyklika: “Risiko für die Menschheit”
Die lang erwartete (und vorab durchgestochene) Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus zu Ungleichheit und Umweltschutz spiegelt nicht nur religiöse Einsichten sondern auch Erkenntnisse der Klimawissenschaft. „Nicht die Armen, sondern die Reichen verursachen die größten Risiken für unseren Planeten, und letztlich für die Menschheit“, sagte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, am 18.06.2015 bei der Vorstellung der Enzyklika im Vatikan. „Gerade die Armen, die am wenigsten profitiert haben von der Ausbeutung der fossilen Ressourcen und die am wenigsten beitragen zum weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen, werden von den Folgen der globalen Erwärmung am härtesten getroffen – es sei denn, wir reduzieren rasch die Emissionen.“ Schellnhuber war als einziger Wissenschaftler eingeladen worden, an der Seite von Kardinal Peter Turkson in Rom zu sprechen.
Im Vorfeld der Enzyklika hatte Schellnhuber an einer Reihe von Workshops der hoch renommierten Pontifikal-Akademie der Wissenschaften teilgenommen – am 17.06.2015 wurde er zu deren Mitglied ernannt. Das jetzt veröffentlichte Dokument des Oberhauptes von mehr als einer Milliarde Katholiken gilt als wichtiges Signal auf dem Weg zu einem globalen Abkommen zur Emissionsreduktion und letztlich zur vollständigen Dekarbonisierung der Weltwirtschaft, über die Ende des Jahres die Regierungen aller Staaten beim Klimagipfel in Paris verhandeln.
„Die Atmosphäre – der Himmel über uns allen – ist ein globales Gemeinschaftsgut; aber sie wird von einigen als Abfalldeponie für Treibhausgase benutzt,“ sagt Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des PIK und Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. „Der Papst zeigt genau das deutlich auf, und damit schreibt er Geschichte. Wenn wir gefährlichen Klimawandel vermeiden wollen, müssen wir die Nutzung unserer Atmosphäre beschränken, indem wir CO2-Emissionen einen Preis geben. Die Einnahmen hieraus könnten eingesetzt werden, um den Zugang zu sauberem Wasser oder zu Bildung zu verbessern, besonders für die Armen.“
Wie andere internationale Experten wurde auch Edenhofer vom Vatikan im Vorfeld der Enzyklika konsultiert. Schon vor mehreren Jahren war er einer der Leiter eines Projekts zu Klimawandel, Gerechtigkeit und Entwicklung, das in mehreren Konferenzen im Vatikan mündete. Am Abend des 18. Juni wird er die Enzyklika in Berlin diskutieren, bei einer Veranstaltung der Deutschen Bischofs-Konferenz und der Katholischen Akademie. Am 1. Juli debattiert er in Rom mit Kardinal Turkson und der Autorin Naomi Klein („Kapitalismus versus Klima“) über die Botschaften des Papstes.
- Inhaltsangabe der Enzyklika von Papst Franziskus: „Laudato si‘ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“
- Papst Franziskus: „Enzyklika Laudato si‘ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ (Rom, 24. Mai 2015)
- „Laudato si’“ – Eine ausführliche Zusammenfassung
- Weblink zur Enzyklika „Laudato Si“ in acht Sprachen
->Quelle: Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) 2015