Bundesminister Gabriel beim BDEW-Kongress: Gute Grundlage für zukünftiges Strommarktdesign gelegt
In seiner Rede vor dem BDEW-Kongress in Berlin ist Wirtschaftsminister am 24.06.2015 klar auf Distanz zum Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gegangen: Dessen Forderung, Kapazitätsmärkte einzuführen, erteilte er erneut eine klare Absage. Gabriel nannte eine Alternative zur Klimaabgabe: Schrittweise Kohlekraftwerke stillzulegen. Am Schluss dankte Gabriel “ für den herzhaften Streit“. Solarify dokumentiert die Rede.
„Dann ist ja eigentlich alles klar, ich mache, was Sie so vorschlagen und dann ist alles in Ordnung. Dass Sie das gut finden, glaube ich, aber es ist nun mal leider so, dass die Welt nicht nur aus Interessenvertretern der Energiewirtschaft besteht. Sondern dass wir so ein bisschen noch auf das Gemeinwohl und auf die Kosten gucken müssen.
Jedenfalls glaube ich, dass das die Aufgabe der Politik ist und deswegen ist es am Ende wichtig, dass wir entscheiden, aber nicht zwingend so entscheiden, wie sich das die Interessenverbände vorstellen. Das wird Sie nicht überraschen und Ihre Lebenserfahrung dürfte ja auch sein, dass die Durchsetzung von 100 Prozent der eigenen Interessen eher nicht in der Realität stattfindet. Deswegen erkennt man, Frau Müller, vor allen Dingen, lieber Vizepräsiden Sefcowic, vielen Dank für die Gelegenheit zu Ihnen zukommen und über ein paar der Themen zu sprechen und das in der angemessenen Freundlichkeit zu tun, Frau Müller.
Ich habe Zeitungen gelesen und meine, Sie sind ja ganz entsetzt und enttäuscht, was wir alles nicht machen. Ein bisschen spöttisch habe ich gesagt, wenn die mal dafür gesorgt hätten, dass in den letzten vier, fünf Jahren etwas passiert wäre, wären wir nicht so sehr ins Stocken geraten. Wir räumen gerade den Schutt auf, der eineinhalb Jahre lang, denn in diesem Jahr regieren wir jetzt eineinhalb Jahre, der davor vier, fünf Jahre liegen gelassen worden ist.
Gelegentlich darf man auch darauf mal hinweisen: Es wäre schön gewesen, ein paar andere Regierungen hätten sich der Konfliktlage gestellt, statt ihnen ständig auszuweichen und mit Ihnen gemeinsam immer schöne Ziele zu beschreiben, denn in den Überschriften sind wir uns ja immer einig. Ein bisschen schwierig wird es dann, wenn der Tag der Wahrheit kommt und wir prüfen müssen, ob die Überschriften zusammenpassen und ob wir Konzepte zu deren Umsetzung haben, dann wird es problematisch und Gott sei Dank, ist die Stunde der Wahrheit endlich da und die Stunde der Überschriften mal vorbei.
„…ein bisschen in die Wolle kriegen“
Und deswegen werden wir uns auch ein bisschen in die Wolle kriegen in den Einzelentscheidungen, so ist das – anders geht das nicht. Die Zeit, wo wir uns nicht in die Wolle – Sie sich mit meinen Vorgängern nicht in die Wolle kriegen – wollten, ja, das hat uns nicht voran gebracht und deswegen werden wir uns jetzt entscheiden müssen. Das werden wir auch tun.
Zuerst einmal will ich etwas sagen, was ich glaube, was für die Zukunft der Energiewirtschaft nicht nur in Deutschland viel entscheidender ist als die Einzelentscheidung, die wir jetzt zu treffen haben, ist das was der Vizepräsident der Kommission, der Kollege Sefcovic Ihnen eben gesagt hat, ich glaube, das für die Entwicklung des Standorts Europa, für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa, die Entwicklung der Energieunion, wie sie Herr Sefcovic sich vorgenommen hat von überragender Bedeutung ist.
Ich glaube, es gibt drei große Themen, die für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Kontinents entscheidend sind: Der demographische Wandel, die Digitalisierung und schließlich die Frage, wie wir unseren Kontinent mit sicherer und bezahlbarer Energie und Rohstoffen versorgen. Waren die Arbeits- und Sozialkosten vor zwanzig Jahren das große Thema für Wettbewerbsfähigkeit, des Kontinents und auch unseres Landes, so ist es heute die Frage, wie wir für die nächsten Jahre und vermutlich gar Jahrzehnte Energie- und Rohstoffversorgung organisieren. Deswegen kommt der Arbeit von Kommissar Sefcovic ungeheuer viel Bedeutung zu. Und ich will, gerade weil Sie heute hier sind, sagen, dass wir das, was Sie vorhaben – also den Binnenmarkt in der Energiepolitik zu schaffen – nachdrücklich unterstützen. Es ergeben sich Kostenvorteile, es führt zu größerer Versorgungssicherheit, es verbessert die Integration erneuerbarer Energien und es setzt vor allen Dingen die klimapolitischen Ziele besser um.
Deswegen ist das, was Ihnen der Kollege Sefkovic gerade eben vorgestellt hat mindestens genau so wichtig wie unsere nationale Debatte, und ich will mich mal dafür bedanken, das Sie sich dieses schwierige Feld vorgenommen haben. Vielen Dank dafür!
Folgt: „…ein paar Gemeinsamkeiten“