Energiepolitische Zeitenwende mit Nachbarn beschlossen
An den Stärken der Kooperation zwischen den Ländern arbeiten wir sehr intensiv. Am 8. Juni haben wir mit unseren elektrischen Nachbarn, also nicht nur mit denen, mit denen wir gemeinsame Grenzen haben, insgesamt mit zwölf Ländern eine energiepolitische Zeitenwende beschlossen. Denn zwölf Nachbarstaaten in der Mitte Europas wollen Versorgungssicherheit, trotz teilweise sehr unterschiedlicher nationaler Energiepolitiken, nicht mehr national, sondern europäisch denken. Das ist für uns neu, das ist auch für unsere Nachbarn neu, die es übrigens ziemlich gut finden, dass die deutsche Energiewende und Energiepolitik aufhört, nur noch auf ihre nationale Lage zu gucken, sondern beginnt, sich europäisch einbetten zu lassen.
Und für uns ist es wichtig, weil wir dann nicht mehr unsere Versorgungssicherheitsdebatten auf die Jahreshöchstlast in unserem Land ausrichten, sondern uns europäisch ausrichten. Wichtig ist auch, dass immerhin zwölf Staaten gemeinschaftlich formuliert haben, sie wollten in den grenzüberschreitenden Stromhandel auch dann nicht eingreifen, wenn es eng wird.
Das gilt auch bei Preisspitzen. Ich finde, dass das ein ganz starkes Signal für gegenseitige Verlässlichkeit auf europäischer Ebene ist und hoffentlich ein starkes Signal, das hilft, die Politik des Vizepräsidenten der Kommission zur Energie-Union voranzubringen.
Meine Damen und Herren, trotz unserer unterschiedlichen Auffassung darüber, ob wir einen Kapazitätsmarkt brauchen oder nicht, haben wir doch eine klare und gemeinsame Haltung zu unserem fossilen Kraftwerkspark. Wir brauchen auch in Zukunft hocheffiziente und flexible, fossile Kraftwerke für eine zuverlässige Energieversorgung. Ich habe schwer verstehen können, wie die Debatte um 22 Millionen Tonnen CO2-Einsparungsziele der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist. Wir haben 349 Millionen Tonnen fossile Emissionen in Deutschland. Wenn daraus 22 Millionen Tonnen reduziert werden, ist da – bei Beherrschung der Grundrechenarten jedenfall – schwerlich ein Ausstieg zu erkennen. Es geht, glaube ich, im Wesentlichen darum, dass wir aufhören Energiewende alternativ zu debattieren: erneuerbare oder fossile Kraftwerksparks. Wir werden auf lange, lange Strecken beides benötigen.
Klimabeitrag: BDEW wollte nicht reden – „suboptimales Verfahren“
Meine Damen und Herren, beim Klimabeitrag selbst will ich nur der guten Ordnung halber sagen: Wir haben am 24. November den BDEW und die Stromproduzenten eingeladen, um über die Frage zu reden, wie wir eigentlich die offensichtliche Versorgungslücke von 22 Millionen Tonnen zur Erreichung des 40 Prozent-Ziels im Jahr 2020 decken wollen. Die Ansage Ihres Verbandes und der Energieproduzenten war: „Wir möchten, Herr Gabriel, mit Ihnen darüber nicht reden.“ Das kann man so machen. Ob das klug ist, weiß ich nicht. Ich hätte es sinnvoll gefunden, das Thema abzuräumen, bevor wir das alles in das große Paket Strommarktdesign packen. Aber sie wollten auch keinen eigenen Vorschlag machen.
Wir haben angeboten, wir machen keinen gesetzgeberischen Vorschlag. Lassen Sie uns mal darüber reden, wie wir gemeinschaftlich dahin kommen. Ihre Antwort war: „Wir haben keinen eigenen Vorschlag und wir wollen jetzt auch keinen machen.“ Dann haben wir einen gemacht und über den haben sie sich aufgeregt.
Das kann ich auch nachvollziehen. Ich verstehe, dass man seine Interessen vertritt. Ich rate dazu, dass wir das Verfahren ändern und vielleicht am Anfang über gemeinschaftliche Vorschläge reden. Vielleicht findet man ja keine, dann kann man hinterher immer noch über Alternativen reden. Aber am Anfang zu sagen, ich will gar nicht reden, um dann im Wesentlichen erstmal zu protestieren, und dann sechs Monate lang, sechs Monate, eine Debatte öffentlich zu führen, ohne dass eine einzige Alternative genannt wird, das finde ich schon ein suboptimales Verfahren.