Nördlich von Montélimar steht das Atomkraftwerk Cruas an der Rhone. 1991 pinselten neun Bergsteiger im Auftrag der Betreiber ein 155 m hohes Gemälde names „Aquarius“ auf einen der vier Kühltürme: Ein Mädchen gießt aus einer Muschel Wasser auf eine Glaspyramide (Foto). Nicht erst seitdem halten unsere Nachbarn Atomkraft für harmlos.
Nun soll das neue französische Energiewende-Gesetz Erneuerbare und Effizienz befördern, laut Umweltministerin Royal „das fortschrittlichste Energiegesetz unter den Industrieländern.“ Daran sind Zweifel angebracht: Lässt es das Gesetz doch offen, ob und wann AKW abgeschaltet werden. Ökologen nannten diese offene Flanke denn auch „grand flou“ -„große Unschärfe“. Mehr noch – die EDF will eben jenseits des Kanals gar ein neues AKW (Hinkley Point) bauen und dann – mit Brüsseler Genehmigung – astronomische Subventionen einstreichen, damit der Atomstrom bezahlbar bleibt.
Tschernobyl und Fukushima haben in Frankreich nicht sonderlich Wirkung gezeigt. Erstaunlicherweise stürzte die Tschernobyl-Wolke Anfang Mai 1986 auf ihrem Weg nach Westen nach Überquerung der Pfalz, wo dann Gemüse untergepflügt werden musste, unmittelbar vor der französischen Grenze scheinbar rückstandsfrei zu Boden – keinerlei Reaktion bei unseren Nachbarn, die hielten uns Deutsche damals für hysterisch.
Aber wie alle Atomstaaten hat auch Frankreich kein Endlagerungskonzept, keinen auch nur annähernd ausreichenden Fonds für Folgekosten eines GAUs, keine Versicherung – deren Prämien würden, wäre sie risikodeckend, die Atom-Kilowattstunde auf einen Schlag konkurrenzunfähig machen. Fossile Energien überleben überhaupt nur am Tropf der Staaten. Weltweit – sagt die IEA – werden fünf Mal so viele Milliarden für Fossile gezahlt, wie für Erneuerbare.
Trotzdem schreibt Frankreich seine Atomstromproduktion auf heutigem Niveau fest (63 GW). Nur wenn neue Reaktoren ans Netz gehen, müssen alte abgeschaltet werden. Was ist das für eine Energiewende? Was für ein Zeichen für die Pariser Klimakonferenz? -Gerhard Hofmann-