Inhalt mit Unterabteilungen
1. Wachstum
Kapitalistische Gesellschaften sind Wachstumsgesellschaften, ihre relative Stabilität erhalten sie durch permanente Bewegung. Damit alles bleibt, wie es ist, oder zumindest nicht schlechter wird, müssen sie wachsen – wer stillsteht, fällt zurück. Aber was genau wächst hier eigentlich? Das Bruttoinlandsprodukt, das Angebot an Joghurtsorten und Smartphones – oder nicht doch eher die soziale Ungleichheit? Und was hat der weltweite Fleischkonsum damit zu tun? Oder die Frage, wie eine Gesellschaft sich um ihre Kinder und Alten kümmert? Der Begriff “Wachstum“ umfasst offenbar sehr unterschiedliche Dinge, die dennoch nicht isoliert voneinander betrachtet werden können. Und die Wachstumslogik lässt sich auch nicht so einfach außer Kraft setzen, denn sie ist tief in die gegenwärtigen ökonomischen, politischen und kulturellen Strukturen eingeschrieben. Fast scheinen wir zum Wachstum verdammt. Wenn aber der Kapitalismus Wachstum braucht, dann braucht jede Wachstumskritik auch eine Kapitalismusanalyse.
14 Ein Rückblick auf den Wachstumsstaat
Stephan Lessenich • Nach dem Zweiten Weltkrieg begann in Europa die Ära des Wohlstands
16 Der Grundwiderspruch des 21. Jahrhunderts
Elmar Altvater • Der globalisierte Kapitalismus ist auf eine stetig wachsende Wirtschaft angewiesen, nun stößt er an natürliche Grenzen
20 Die Finanzialisierung der Welt
Christoph Deutschmann • Seit den 1970er Jahren ermöglichte die Politik den Banken, Versicherungen und Fondsmanagern, ihren Einfluss auf die Wirtschaft auszubauen
22 Tiere nutzen
Hilal Sezgin • Wie sich die industrielle Produktion von Fleisch, Eiern und Milch weltweit ausbreitet
28 Erziehung zum Konsum
Juliet B. Schor • Geld ausgeben ist alles, erst recht in den USA, wo die Mittelklasse immer ärmer wird
30 Rang und Namen
Michael Hofmann, Lucia Reisch • Statusgüter sind knapp und begehrt, denn sie zeigen eine hohe Stellung in der Gesellschaft an
32 Chinas neue Mittelschichten
Shi Ming • Die Menschen orientieren sich am westlichen Lebensstil, mit all seinen zerstörerischen Konsequenzen
36 Lateinamerika: Wachstum und Naturausbeutung
Kristina Dietz • Der Export von Rohstoffen ermöglicht eine Bekämpfung der Armut – zu hohen Kosten
38 Unentbehrlich, unterbezahlt – und viel zu wenig anerkannt
Brigitte Aulenbacher • Was Sorgearbeit ist, wer sie leistet und welche Konflikte entstehen
42 Verdichtete Zeit
Hartmut Rosa • Wachstum bedeutet Beschleunigung, aber Entschleunigung ist auch keine Lösung
44 Das Erdzeitalter des Kapitals
Elmar Altvater • Im Kapitalozän haben Geoingenieure das Sagen. Sie wollen die zerstörerischen Folgen des industriellen Wachstums mit der Technik bekämpfen, die die Probleme verursacht hat.
2. Versuche in Grün
Die Verfechter eines „grünen Wachstums“ wollen das Wirtchaftswachstum möglichst weitgehend vom Verbrauch natürlicher Ressourcen entkoppeln. Ihnen schwebt eine prosperierende Wirtschaft ohne Umweltzerstörung vor. Die Konzepte für ein Umsteuern zu einem „grünen Kapitalismus“ gründen allerdings auf Voraussetzungen, die derzeit nicht existieren und auch in naher Zukunft nur schwer vorstellbar sind – wie mehr staatliche Regulierung, starke soziale Bewegungen und eine demokratische Kontrolle der (Finanz-)Märkte. Darüber hinaus fehlen einstweilen die technischen Mittel für ein sauberes Wirtschaftswachstum im Weltmaßstab, und ob sie je erfunden werden, ist ungewiss. Schließlich sorgt die globale Arbeitsteilung dafür, dass zum Beispiel Deutschland heute zwar kohlenstoffärmer produziert als früher, im Gegenzug aber die neuen Werkbänke der Welt, allen voran China, einen rasant steigenden Ausstoß an schädlichen Klimagasen verzeichnen. „Grünes Wachstum“ wird also auf absehbare Zeit ein politisch und wissenschaftlich umstrittener Begriff bleiben – die damit verbundenen Perspektiven sind ebenso wichtig wie die dazugehörige Kritik.
48 Ein neuer Gesellschaftsvertrag für den grünen Kapitalismus
Ulrich Schachtschneider • Ökologie und soziale Frage gehören zusammen
52 Die Illusion vom sauberen Wachstum
Ulrich Brand • Der Green New Deal verspricht eine grüne industrielle Revolution, an der sozialen Ungleichheit und der Ausbeutung der Natur im globalen Süden will er nichts ändern
54 Projekt Energiewende
Manfred Kriener • Deutschland war der Vorreiter, heute wird weltweit in den Ausbau der Erneuerbaren investiert – von Uruguay bis China
56 Umweltfreundlich mehr verbrauchen
Tilman Santarius • Wer ein Hybridauto hat, fährt mit gutem Gewissen mehr. Das nennt man den Rebound-Effekt
58 Die ökologischen Vorzüge der Dienstleistungsgesellschaft
Norbert Reuter • Warum Investitionen in Erziehung, Bildung und Gesundheit den Wachstumsdruck verringern
60 Sonne, Wind und Arbeit
Dietmar Hexel • In puncto Lohnniveau und Mitbestimmung sind die Erneuerbaren deutlich schlechter als ihr Ruf
Folgt: 3. Krisen und Konflikte