DIE WELT: „Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft beschädigen“
Mit seinem ehrgeizigen „Clean Power Plan“ will Barack Obama die Treibhausgas-Emissionen amerikanischer Stromerzeuger drastisch reduzieren und Amerika zu einem Vorbild in der Klimapolitik machen. Saubere Luft, geringerer Verbrauch von fossilen Brennstoffen und damit weniger Abhängigkeit von den oft fragwürdigen Regimen, die den Energiemarkt beherrschen – das sind erstrebenswerte Ziele. Die Frage ist nur, zu welchem Preis sie erzielt werden, und ob die dadurch unweigerlich steigenden Energiekosten die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft beschädigen. Nur 8,4 Milliarden Dollar soll der Umbau der amerikanischen Energiewirtschaft kosten, rechnen Obamas Leute vor. Doch wie die Deutschen schmerzhaft erfahren mussten, sind solche Versprechen mit Vorsicht zu genießen. Schließlich haben die Verbraucher hierzulande aberwitzig hohe Subventionen für Solarstrom bezahlt, nur um die versprochenen Arbeitsplätze nach China abwandern zu sehen. Und die Kurzschlusshandlung, aus der Atomenergie auszusteigen, kostet Deutschland weiter Wettbewerbsfähigkeit. Diesen Fehler zumindest will Obama nicht machen, Atomkraftwerke sollen Teil des klimaschonenden neuen Energiemixes sein. Amerikas Verbraucher haben in den vergangenen Jahren von niedrigen Energiepreisen profitiert, weil Obama sich, anders als Linke und Umweltschützer in Europa, nicht gegen das Fracking gewehrt hat, das Amerika einen Energieboom bescherte. Nun schlägt der Präsident jedoch einen Weg ein, der dem ähnelt, den viele europäische Staaten gegangen sind. Und das wird Arbeitsplätze kosten, etwa in der Kohleindustrie. Und es wird Stromrechnungen teurer machen. (Clemens Wergin)
BADISCHE ZEITUNG: „Obamas Klimapolitik – Antreiber statt Blockierer“
Dass Obama seine Befugnisse nutzt, ohne länger auf Konsens zu warten, haben die Gegner sich gerade beim Klimaschutz selbst zuzuschreiben. Die Konservativen haben sich jedweder Mitarbeit verweigert. Wie schon bei der Gesundheitsreform und der Homoehe werden sie nun von der Entwicklung überrollt. Dabei sind Obamas neue Regeln weniger radikal, als es scheint: Heute schon produzieren Amerikas Stromerzeuger mehr als 15 Prozent weniger Treibhausgas als 2005. Der Ausstoß soll also unter dem „Clean Power Plan“ langsamer sinken als bisher. Diese Initiative ist gleichwohl ein prominenter Pflock im Kampf um Obamas Erbe. Und sie ist außenpolitisch wichtig: Der Plan ist ein zentraler Abschnitt auf dem Weg zu den Klimaschutzzusagen der USA. Er gibt Unterhändlern vor dem Pariser Klimagipfel im Dezember Argumente an die Hand, mit denen sie andere Regierungen unter Druck setzen wollen, auch ihren Beitrag zu leisten. Zwar kann ein großer Treibhausgas-Produzent wie die USA das Klima im Alleingang nicht retten. Doch dass Washington sich vom Blockierer zum Antreiber entwickelt hat, gehört zu den hoffnungsvollsten Aspekten von Obamas Präsidentschaft.
HANDELSBLATT: „UNO-Klimavertrag mit völkerrechtlich verbindlichen Reduktionsverpflichtungen wird es mit den Amerikanern nicht geben“
Nun schürt auch Obama Erwartungen, die der Gipfel in Paris nicht wird erfüllen können. Denn die USA selbst sind es, die das Hohelied der Klimaschützer nie mitgesungen haben und auch in Paris nicht singen werden: Einen UNO-Klimavertrag mit völkerrechtlich verbindlichen Reduktionsverpflichtungen wird es mit den Amerikanern nicht geben. So handelt Obama, wie in den vergangenen Jahren viele andere vor ihm gehandelt haben: Alle setzen auf Symbole, blenden einen Teil der Realität aus und erwecken beim Publikum den Eindruck, sie könnten die Welt verändern.
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