Einflussreiche Leugner
Gleichzeitig gibt es immer noch einflussreiche Leugner und Gegner einer fortschrittlichen Klimapolitik, insbesondere in den Unternehmen selbst. Und angesichts schwacher politischer Entscheidungsträger gehen die Unternehmen davon aus, dass in den nächsten Jahren eine restriktive Klimapolitik, die nötig wäre, höchst unwahrscheinlich ist. Die Fossil-Industrie wettet darauf, dass es in den nächsten 25 bis 40 Jahren keine ernsthaften Einschnitte bei den Emissionen geben wird (183). Dies ist umso schlimmer, weil die Pläne der Fossil-Industrie bekannt sind, in den kommenden Jahrzehnten fünf Mal so viel fossilen Brennstoff zu verbrennen wie die Atmosphäre an daraus emittierten Treibhausgasen aufnehmen kann.
Klein beschreibt, dass eine neoliberale Politik zur Lösung des Problems ungeeignet ist (95), weil die Wirtschaft vor Handelsbeschränkungen durch Klimapolitik geschützt wird (100). Der Irrsinn liegt darin, dass Handelsrechte wichtiger sind als das Klima (84).
Auch die Wissenschaft, die sich eingehend mit dem Problem des Klimawandels befasst, wird diskreditiert, Zahlen werden angezweifelt, Gutachten und Gegengutachten verzögern Entscheidungen. Politik und alte Öl-Industrie weigern sich hartnäckig, die Erkenntnisse der Wissenschaft ernst zu nehmen. Am sinnfälligsten wird dieser Aspekt, wenn Klein beschreibt, wie die kanadische Regierung unter Regierungschef Harper, die starkes Interesse an der Nutzung und Ausbeutung der Teersandgebiete in Alberta hat, Stellen für die Erforschung des Klimawandels radikal zusammen streicht und wenn Wissenschaftler einen Maulkorb bekommen und nicht mehr mit Journalisten über ihre Erkenntnisse zum Thema Klimawandel reden dürfen. Politik dieser Art, so Klein, agiert in einer Sphäre willentlicher Blindheit und führt im Interesse der Fossil-Konzerne einen Krieg gegen die Wissenschaft (395). Der Verlust an Glaubwürdigkeit ist da beinahe zweitrangig.
Nicht mehr grüner oder ökologischer, sondern weniger konsumieren
Wenn die Bestandsaufnahme der Autorin stimmt, und einiges spricht dafür, dann ist klar, dass die Lösung des Klimaproblems nur mit einem Wandel der Wirtschaftspolitik und einer Transformation der Gesellschaft einher gehen kann. Dann geht es, wie Klein beschreibt, in Zukunft auch nicht mehr darum, grüner oder ökologischer, sondern weniger zu konsumieren, also für eine Post-Wachstumswirtschaft einzutreten, und es geht darum, sich die Mittel für eine solche gesellschaftliche Transformation in Form von Steuern, bei den Konzernen zu holen, die den Klimawandel verursacht haben. Nur weniger Konsum, statt Ökokonsum verändert den Energiebedarf tatsächlich. Managementtheorien, die den Klimawandel vor Augen immer noch glauben, Ökonomie und Ökologie unter dem Label der Nachhaltigkeit zu versöhnen, sind keine Lösung, weil auch sie weiterhin auf Wachstum, wenn auch auf vermeintlich gutes Wachstum setzen2.
Trotz vieler positiver Beispiele und Projekte, die etwas gegen den Klimawandel tun, bleibt die Furcht der Autorin und beim Leser, unsere politische Klasse sei unfähig, eine Änderung in die richtige Richtung zu schaffen, auch weil es den Anschein hat, Finanzen seien wichtiger als Leben, und weil Regierungen sich z.B. bei Freihandelsabkommen, die der Wirtschaft weitgehende Rechte gegenüber der Politik einräumen, nicht gegen die Konzernangriffe zur Wehr setzen.