Energiewende gebremst: Netzausbau lahmt – 2014 insgesamt 100 Mio. zum Fenster hinausgeworfen
Gewaltige Mengen Windstrom werden vergeblich produziert, weil das Netz sie nicht aufnehmen kann. So hat einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung zufolge der Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO 2014 in Niedersachsen nach eigener Schätzung 100.000 Megawattstunden Strom aus Windparks „abgeregelt“. Zahlen müssen die Verbraucher den weggeworfenen Strom dennoch.
„Abregeln“ bedeutet, dass der Anlage weniger Leistung (Energiefluss) entnommen wird, als technisch möglich. Da Energie erhalten bleibt, muss beim Abregeln von Windenergie in andere Energieformen als elektrische Energie umgewandelt werden. Durch die Rotorblätter von Windturbinen können maximal 59,3% der Energie der bewegten Luftmasse in Rotationsenergie umgewandelt werden. Der Rest verbleibt als Energie in der bewegten Luftmasse beziehungsweise wird in Wärme umgewandelt. Das Abregeln geschieht durch eine leichte Verstellung der Rotorblätter. Das Abregeln von PV und Windkraftanlagen ist eine konkurrenzlos schnelle Anpassung der Erzeugungsleistung an den Bedarf innerhalb von Bruchteilen von Sekunden (PV) beziehungsweise Sekunden (Wind), mit der kaum ein konventionelles Kraftwerk mithalten kann. (top50-solar.de) – siehe auch: solarify.eu/abregeln
Für 2015 rechnet Tennet TSO in Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit einer Verdreifachung der abzuregelnden Strommenge. Nach Darstellung eines Tennet-Sprechers ist der fortschreitende Zubau von Windkraftanlagen in den norddeutschen Bundesländern schuld an dieser Entwicklung. Deren Strom übersteige die Netzkapazität im Norden und könne wegen fehlender Leitungskapazität nicht in weiter südliche Bedarfsgebiete transportiert werden. Die Gesetzeslage verpflichtet die Verbraucher dennoch zur Zahlung der von den Netzbetreibern erhobenen Netzentgelte für diesen Strom – laut TenneT ca. zehn Millionen Euro.
2014 insgesamt 100 Mio. Euro
Nach Informationen des Wirtschaftsmagazins „Capital“ (Ausgabe 8/2015) übertrafen die Entschädigungen an die Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen erstmals die Grenze von 100 Millionen Euro – nach 43,7 Millionen Euro im Jahr 2013. Allein die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und 50Hertz, in deren Versorgungsgebieten im Norden und Osten des Landes der weitaus größte Teil der deutschen Windkraftleistung installiert ist, zahlten zusammen rund 80 Millionen Euro für nicht ins Netz eingespeisten Strom. Hinzu kommt ein zweistelliger Millionenbetrag bei den mehreren Hundert Betreibern der örtlichen Verteilnetze, an die die große Mehrheit der Anlagen angeschlossen ist. Die sprunghaft steigenden Kosten für die Abregelung von Windrädern sind eine Folge des rasanten Ausbaus der regenerativen Energien. „Die Erneuerbaren drücken ins Stromnetz, und es gibt immer mehr Netzengpässe, die wir nur entlasten können, indem wir sogar Windkraftanlagen abregeln“, sagte TenneT-Chef Urban Keussen. 2015 werde es noch mehr sein.
Die NOZ kommentiert: „Man kann eigentlich nur die Hand vor den Kopf schlagen: Privatverbraucher zahlen über das Netzentgelt für Windstrom, den sie nie erhalten haben. Strom, der absichtlich vernichtet wurde, weil im Netz kein Platz für ihn war. Das ist absurd, aber es gibt dafür Gründe. Der gewichtigste: Politiker wie auch Planer in Verwaltung und Wirtschaft haben das Hinterland unterschätzt. …Viel früher hätte diskutiert und vermittelt werden müssen, hätten Behörden, Unternehmen und Politiker aller Ebenen Überzeugungsarbeit leisten müssen. Stattdessen beschränkte sich die deutsche Energiedebatte lange auf die Stromerzeugung und deren Kosten. Dennoch: Das Problem ist erkannt. …Verglichen mit den Kosten, die eine Verstromung von noch mehr Kohle, Uran und Plutonium verursachen würde, ist das Netzentgelt das geringere Übel.“
->Quellen: