Klimawandel neben Krieg und Vertreibung weitere Fluchtursache
Radio Vatikan interpretiert in einer Serie die päpstliche Enzyklika „Laudato Si“ (siehe: solarify.eu) – in Folge 22 geht es um die „Klima-Migration“. Denn Flüchtlingsproblematik und Klimawandel hätten unmittelbar miteinander zu tun, auch wenn dies nicht so scheine, sagt das IPCC-Mitglied Oliver Christian Ruppel. Es gebe nämlich nicht nur eine Flucht vor Waffen und Gewalt, sondern auch die vor klimatischer Bedrohung – die zur Klimamigration führe.
Daher sollte Europa den Kampf gegen den Klimawandel nicht vernachlässigen, so der 46-jährige Ruppel, Teilnehmer der Weltklimakonferenz COP21 Ende des Jahres in Paris. Er ist Professor für Rechtswissenschaften, internationales Recht und internationale Beziehungen an der Universität Stellenbosch in Südafrika und leitet ein Institut mit interdisziplinären und rechtlichen Fragen zu Recht und Entwicklung.
Klimamigration vielleicht nächste noch viel größere Migrationswelle
In Europa derzeit Thema Nummer eins: Flüchtlinge, die Angst davor, oder die Suche nach Lösungen. Ruppel: „Insbesondere durch die schlimme Situation der Flüchtlingslage in Europa sollte man nicht kurzfristig falsche Schlussfolgerungen ziehen und denken, man könnte an der falschen Stelle Einsparungen machen. Klimamigration ist vielleicht die nächste noch viel größere Migrationswelle, die folgt, und insofern sollte man h sicfrühzeitig darauf gefasst machen und die jetzigen Ereignisse vielleicht nur als kleine Beispiele dessen nehmen, was noch passieren könnte, wenn noch mehr Menschen auf der Welt – verursacht durch den Klimawandel – von einem Ort zum anderen migrieren müssen.“ Die nördliche Hemisphäre habe laut Ruppel die Verantwortung, aus menschlicher Sicht auch diese Leute zu unterstützen. „Wenn man im Klimaverhandlungsprozess jetzt einen Rückzieher machen sollte, nur weil die Situation in anderlei Hinsicht kritisch ist, wäre das meines Erachtens mehr als kurzsichtig, falsch und verantwortungslos.“
Ruppel sieht in dem Text des Papstes ein „mächtiges Schreibstück“ – und er sieht auch, dass wie Barack Obama unlängst bei der Konferenz in Alaska klar machte: Der Klimawandel ist bereits angekommen. Es drohten versunkene Länder, verlassene Städte, ausbleibende Ernten, Lebensmittelknappheit, Flüchtlingsströme und Konflikte. In Afrika sei das bereits äußerst deutlich.
Drei Faktoren für Klimamigration: Ernährungssicherheit, Wassermangel und Dürre
„Die drei wesentlichen Faktoren sind Ernährungssicherheit, Wassermangel und Dürre“, sagt Ruppel. In Subsahara-Afrika seien ganz deutliche Veränderungsprozesse sichtbar. Bereits jetzt litten die Menschen unter dem Klimawandel, hätten teilweise keinen Zugang zu sauberem Wasser, Hunger sei ein Faktor, der in Afrika stark ausgeprägt sei Das werde alles durch den Klimawandel verschärft, der zudem Einfluss auf Konfliktsituationen habe, wo Leute wegen klimatischer Veränderungen migrieren müssten.
Ruppel: „Wir reden von Klimamigrationsfragen, ein Thema, mit dem ich mich in den letzten Jahren vertieft auch aus rechtlicher Sicht beschäftigt habe, wo die Weltgemeinschaft einfach bislang nicht das notwendige Zeichen von Verantwortung übernimmt, das den afrikanischen Kontinent betrifft. Die Meeresspiegel steigen an, aus den ländlichen Gegenden müssen die Leute in die Stadt ziehen, aus den Städten, die meisten am Meer sich befinden, ist der Anstieg des Meeresspiegels schon spürbar. Die Gewässererwärmung in den Küstengewässern ist auch spürbar. Ich könnte noch weitermachen, aber ich denke, das sind die wesentlichen Faktoren -Ernährungssicherheit, Wassermangel und Dürre.“
Es gebe keine Zweifel, verdeutlicht der Klimagipfelteilnehmer, dass der Klimawandel angekommen sei und wenn wir die Zukunft und den Planeten retten wollten, dann müssten wir, die Klimadiplomaten, die Politik und jeder Einzelne jetzt handeln, denn es gehe um unser Gemeinschaftsgut. Genau das fordere auch „Laudato Si“, und Ruppel appelliert an die Verantwortung: „Dieser Verantwortung kann und sollte sich niemand entziehen können“. In der Gesamtheit der Weltklimaverhandlungen müsse jetzt stark im Vordergrund stehen, dass die Gemeinschaftsgüter Klima und Atmosphäre einfach nicht verhandelbar sind. Klima sei ein globales Phänomen, das nicht einseitig angegangen werden könne. Deswegen appelliert Ruppel an die Verantwortung vor allem der Verursacher des Klimawandels, an die Verantwortung für die Verteilungsgerechtigkeit der negativen Auswirkungen. Der Klimawandel sei auch eine Verletzung der Menschenrechts der Armen – diese Message müsse COP 21 prägen, wenn man zu verbindlichen Zusagen kommen wolle. (rv 03.09.2015 no)
->Quelle und ganzer Artikel: de.radiovaticana.va