Atomkonzerne sollen haften

Gabriel ließ Rückbau- und Entsorgungskosten-Nachhaftungs-Gesetz entwerfen

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will die großen Stromkonzerne beim Atomausstieg mit einem neuen Gesetzesentwurf in die Pflicht nehmen, auch langfristig die Kosten für den milliardenteuren Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung zu tragen. Gabriel will so den Steuerzahler entlasten. Die ersten drohen schon mit Klagen.

Mit einem Gesetzesentwurf will er deshalb Versuchen, durch Neustrukturierungen der Unternehmen die Kosten abzuwälzen, einen Riegel vorschieben. Nach dem Grundsatz „Eltern haften für ihre Kinder“ sollen die Atomkonzerne ihrer Verantwortung bis zum Ende des Abrisses ihrer Atommeiler und der Endlagerung nuklearer Abfälle gerecht werden. Am 02.09.2015 veröffentlichte das BMWi den Gesetzentwurf.

Gabriel gegenüber der WAZ: „Das neue Gesetz dient der Sicherung des Konzernvermögens, das zur Deckung bilanzierter Rückstellungen für Rückbau und Entsorgung zur Verfügung steht. Wir wollen klarstellen, dass gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen, wie etwa die Aufspaltung eines Unternehmens, nicht dazu führen, die Haftungsmasse zu verkleinern. Das Gesetz steht also unter der Überschrift ‚Eltern haften für ihre Kinder‘. Wir müssen verhindern, dass am Ende der Steuerzahler haftet, wenn die Rückstellungen für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung nicht reichen. Das haben wir im Koalitionsausschuss vereinbart, jetzt muss sich unser Koalitionspartner auch im Kabinett dazu bekennen. Wir wollen so schnell wie möglich ins Kabinett.“

BMWi: Nachhaftung von Atomrückstellungen: BMWi leitet Länder- und Verbändekonsultation zu Regelungsentwurf ein – Das BMWi hat am 02.09.2015 die Länder- und Verbändeanhörung zum Referentenentwurf des sogenannten Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetzes (PDF) eingeleitet. Ziel der Neuregelung ist es, bestehende Rechtsunsicherheit bei der Haftung für den Rückbau und die Entsorgung der Kernkraftwerke zu beseitigen. Konkret geht es darum sicherzustellen, dass sich die für die Nuklearverbindlichkeiten bestehende Anzahl der Haftungsträger nicht infolge von Konzernumstrukturierungen oder der Kündigung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen verkleinert. Nach Abschluss der Länder- und Verbändeanhörung soll im Herbst 2015 eine Kabinettbefassung erfolgen.

„Entscheidend ist, ob Geld da ist.“

Auf die Frage der WAZ, ob Gabriel damit nicht der EU-Kommission vorgreife, die einen Fahrplan zum Atomausstieg entwickeln solle, und ob mit der unbegrenzten Haftung der Konzerne nicht die diskutierte Atomstiftung vom Tisch sei, nannte Gabriel die Haftungsverlängerung sei eine Voraussetzung für die Atomausstiegs-Diskussion in der EU, entscheidend für die Rücklagensicherung zur Entsorgung sei nicht, „ob dies in Form einer Stiftung passiert oder nicht. Entscheidend ist, ob Geld da ist. Ob zum Beispiel ein Stiftungs- oder Fondsmodell besser wäre, als die Rückstellungen in den Konzernen zu lassen, hängt vor allem von der konkreten Ausgestaltung ab. Für mich muss aber vorher klar sein, dass sich auch dann kein Konzern aus seiner Verantwortung stehlen kann. Deshalb sage ich: Das Gesetz zur Haftungsverlängerung ist die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt in einer Kommission über ein Stiftungsmodell reden können.“

Folgt: Ressortabstimmung über den Entwurf abgeschlossen