Kapazitätsmärkte vom Tisch

„Kapazitäts- und Klimareserve“ als „Kapazitätsmarkt light“

Trotz der grundsätzlichen Absage an einen umfassenden Kapazitätsmarkt plant Gabriel die Einführung eines „Kapazitätsmarktes light“ – die sogenannte „Kapazitäts- und Klimareserve“ aus 2,7 Gigawatt Leistung alter klimaschädlicher Braunkohlekraftwerke, die nach vier Jahren in der Reserve stillgelegt werden. Zum Vergleich: Allein das Braunkohle-Kraftwerk Jänschwalde stößt 25,4 Mio t CO2 im Jahr aus. Um zusätzlich 12,5 Millionen Tonnen CO2 bis 2020 einzusparen und doch noch das Klimaschutzziel zu erreichen, sollen diese Kraftwerke sukzessive vom Netz genommen werden. „Die Betreiber erhalten die für die Herstellung und Vorhaltung der Betriebsbereitschaft notwendigen Kosten und Auslagen erstattet.“ Wieviel die Stromkunden dafür bezahlen müssen, ist unklar – Fachleute rechnen mit zwei- bis dreistelligen Millionen-Prämien. Zudem zweifelt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags die Konformität mit europäischem Recht an (siehe: solarify.eu/bundestags-juristen-zweifeln-an-gabriels-klimapaket).

Gabriel hat in seinem Entwurf eine Prüfung eingebaut: Das BMWi überprüfe im Einvernehmen mit dem BMUB bis zum 30.06.2018 und dann alle zwei Jahre, in welchem Umfang CO2 durch das Klimasegment zusätzlich eingespart würden. Sofern dann absehbar sei, dass die geplanten 12,5 Mio. t ab 2020 nicht erreicht würden, müssten die Betreiber weitere Vorschläge machen, wie sie ab 2018 jährlich bis zu 1,5 Mio t zusätzlich einsparen. Geschieht das nicht, oder nicht rechtzeitig, „kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung weitere installierte Leistung im Klimasegment“ binden. Diese werden dann per Ausschreibung ermittelt. Womit die Kraftwerke betrieben werden sollen, bleibt offen.

Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Ein weiterer Absatz dürfte noch Streit erzeugen: „Für einen bedarfsgerechten, wirtschaftlich zumutbaren Ausbau der Elektrizitätsversorgungsnetze“, heißt es da,  könnten deren Betreiber bei ihren Planungen davon ausgehen, dass die voraussichtliche Jahres-Stromerzeugung von an ihr Netz angeschlossenen Wind- oder PV-Anlagen „um bis zu drei Prozent reduziert werden darf (Spitzenkappung).” Die Erneuerbaren Energien können also zur Entlastung des Netzes gedrosselt werden – Energiewende mit einem Fuß auf der Bremse.

Die Grünen und Greenpeace äußerten bereits Kritik: Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sprach von einer „Subventionsmaschine für Braunkohlekraftwerke“. Gabriel verschweige, wieviel die Kohle-Reserve die Stromkunden am Ende kosten werde: „Stattdessen dealen Union und SPD darüber in Hinterzimmern mit den Kohlekonzernen unter Ausschluss der Öffentlichkeit“, so Krischer gegenüber dpa. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gabriel verlängerten mit dem Gesetzesvorschlag „die Schwindsucht von Konzernen, die die Zukunft der Energiewirtschaft verpasst haben“.

Tobias Austrup, Energieexperte bei Greenpeace, begrüßte die Ablehnung von Kapazitätsmärkten: „Es ist jedoch doppelzüngig, wenn er den Konzernen Milliardensubventionen für ihre klimaschädlichen und längst überflüssigen Braunkohlekraftwerke hinterherschmeißen will. Teure Geschenke an strauchelnde Energieriesen auf Kosten der Stromkunden darf es nicht geben“.

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