Internaliserung versus Externalisierung
Carolan dekliniert die versteckten Kosten am Beispiel eines Billigcomputers von Kocaso für 79 Dollar durch: „Beim Kauf eines 79-Dollar-Computers ist es nur zu einfach zu glauben, dass man nach Angabe der Kreditkartennummer seine Kosten voll beglichen habe – in der Wirtschaftswissenschaft spricht man von ‚internalisiert‘ –, doch falls Sie nicht vorhaben, das Ding nie zu benutzen und es in einem Bleisarg zu versiegeln, so dass seine Entsorgung keine Rolle spielt, zahlt trotzdem noch jemand dafür. Und dieser Jemand sind nicht Sie. Wir sprechen hier schließlich über etwas, das eher einem Ökosystem als einer Maschine gleichzusetzen ist. Die Herstellung und der Betrieb von Rechnern, Tablets und Mobiltelefonen hängen von einem komplexen externen Netz ab.“
Allerdings kann Carolan „nicht genau sagen“, um welche Kosten es sich dabei im Detail handelt. Aber „wir sollten es auch gar nicht genau sagen“. Das Universum lasse sich nicht in Geldwert ausdrücken, manche Dinge hätten keinen Preis und sollten auch keinen haben, so Carolan. Aber selbst wenn, gehe es „nicht um Fixkosten“.
Mehr zahlen, seltener kaufen
„Die gegenwärtige Norm lautet Kostenmaximierung, weil auch die seltsamsten Posten externalisiert werden können. Cheaponomics hat eine Tendenz zur Produktion von Waren, die die Gesellschaft möglichst teuer zu stehen kommen. Eine Sozialisierung der Kostenminimierung würde die Gesamtkosten sicher senken und zur Produktion von Waren führen, deren geringerer Preis uns letztlich allen zugute käme. Dieser Schritt wäre außerdem ein Anreiz zur vermehrten Produktion wiederverwendbarer und reparierbarer Güter. Dann müssten wir nicht mehr alle 18 Monate ein neues Mobiltelefon und alle 36 Monate einen neuen Rechner anschalten (wie es der Durchschnittsamerikaner zurzeit tut). Wenn also durch die Internalisierung von Kosten die Einzelhandelspreise steigen, müssen wir bedenken, dass wir zwar bei jedem Kauf mehr ausgeben, aber weniger oft etwas kaufen – falls wir dann die betreffenden Waren überhaupt noch wollen.“
Mein Laptop wiegt drei Tonnen
Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt der Autor nach Abwägung der für die Produktion verbrauchten Ressourcen; diese bezeichne man oft als „‚virtuell‘ – virtuelles Wasser, virtuelle Energie, virtuelle CO2-Äquivalente…, aber sie haben nichts Virtuelles an sich, sondern sind sehr real. Meinem Laptop sieht man das allerdings nicht an“. Die Herstellerfirma Dell werbe zwar damit, dass der Rechner keine zwei Kilo wiege, und das sei „wirklich nicht viel. Sein virtuelles Gewicht allerdings beträgt, wenn meine Berechnungen stimmen, um die drei Tonnen.
Und hier sind die Zahlen, die ich recherchiert habe:
- ungefähr eine halbe Tonne Gesteinsabraum und Erzschlacke bei der Gewinnung mineralischer Rohstoffe im Tagebau;
- 260 Kilo fossile Brennstoffe, zwei Zentner Chemikalien und anderthalb Tonnen Wasser bei der Herstellung (dies entspricht der Abfallmenge bei der Produktion eines Mittelklassewagens);
- etwa 380 Kilo CO2-Äquivalent während der gesamten Produktlebensdauer (angenommene Nutzung: vier Jahre).
Das Gewicht beläuft sich damit insgesamt auf mehr als zweieinhalb Tonnen. Aber das ist nur der Verbrauch für das Gerät selbst, nicht für seinen Betrieb.“ Das Ganze noch einmal sehr anschaulich grafisch dargestellt:
*) Michael Carolan ist Professor für Soziologie an der Colorado State University. Er beschäftigt sich mit den negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen niedriger Preise. Sein persönlicher Albtraum des Billigwahns ist der US-Riese Walmart, wo er immer wieder „bizarres Anschauungsmaterial“ für seine Vorlesungen entdeckt.
Michael Carolan: „Cheaponomics – Warum billig zu teuer ist“; 304 Seiten, oekom verlag München, 2015; ISBN-13: 978-3-86581-734-1