Zuerst stockte einem der Atem, dann fragte man sich: Waren, bzw. sind die Volkswagen-Lenker wirklich so blöd, oder so dreist, oder beides, dass sie ernsthaft glauben konnten, ihre gigantischen Fälschungsmanöver würden nachhaltig unentdeckt bleiben? Denn wer andere für dümmer hält als sich selbst, fliegt meistens auf die Nase – das weiß jedes Kind. So auch die VW-Bosse. Wenn der VW-Betrüger-Bande die gleiche Gerechtigkeit widerführe, wie sie jeder Unfall-Verursacher erdulden muss, würde sie wegen Körperverletzung bestraft. Offen ist am Abgas-Skandal nämlich nur noch, wie hoch der Sündenbock aufgehängt wird. Eher ist ein Bauernopfer zu erwarten. Winterkorn wollte – man versteht – ungern auf sein zweistelliges Millionengehalt verzichten – jedenfalls zunächst. Dabei gilt die alte Binsenweisheit nicht nur in der Politik: Entweder wusste der Chef nicht, was vor sich ging, dann hat er seinen Laden nicht im Griff – oder er wusste es, dann… Im Fall Winterkorn ist brisant, dass der in Personalunion auch noch Technik-Chef des Autoriesen VW ist. Das blechgewordene Symbol deutscher Zuverlässigkeit und deutschen Bürgerstolzes, stock-seriös bis an die Grenze ästhetischer Langeweile und stilistischer Einfallslosigkeit, war schon auf gutem Weg zur Öko-Führerschaft. Das haben Winterkorn und seine Abgasanovas geknickt; sie haben aber auch, und viel schlimmer – kurz vor der entscheidenden Pariser Klimakonferenz COP21 – dem ständig über seine Vorbildrolle räsonierenden, selbsternannten deutschen Energiewende-Atomausstiegs-Erneuerbaren-Energien-Klimaschutz-Vorreiter nahezu einen Reputations-Totalschaden zugefügt. Für das, was sich die deutschen Klimaunterhändler unterm Eiffelturm an Hohn und Spott werden anhören müssen, können sie einem jetzt schon leid tun. Mit Geld ist der Schaden nicht aufzuwiegen.
-Gerhard Hofmann-