Photonische Kristalle aus dünnsten Nanoschichten
Die MPI- und LMU-Chemiker haben dazu photonische Kristalle aus dünnsten Nanoschichten entwickelt, die extrem empfindlich auf Feuchtigkeit reagieren. „Sie ändern ihre Farbe abhängig von der Feuchtigkeit. Das prädestiniert sie für die Entwicklung von sogenannten Touchless-Endgeräten, die sich ohne Berührung steuern lassen“, sagt Professor Bettina Lotsch vom Department Chemie der LMU. Über ihre Ergebnisse berichten die LMU-Chemiker aktuell im Fachmagazin Advanced Materials.
Antimon-Phosphorsäure bringt dafür die nötigen Voraussetzungen mit. Dabei handelt es sich um einen bei Raumtemperatur kristallinen Feststoff, dessen Struktur aus schichtartig angeordneten Antimon-, Phosphor-, Sauerstoff- und Wasserstoffatomen aufgebaut ist. „Von diesem Material weiß man schon länger, dass es Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und dabei stark quillt“, erklärt Pirmin Ganter, Doktorand in der Gruppe von Bettina Lotsch am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung und am Department Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Diese Wasseraufnahme verändert auch die Eigenschaften des Materials. So nimmt mit der Anzahl der eingelagerten Wassermoleküle etwa die elektrische Leitfähigkeit zu. Diese kann somit als Maß für die umgebende Feuchtigkeit dienen.“
„Der menschliche Finger ist von einer Feuchtigkeitsatmosphäre umgeben“, erläutert Katalin Szendrei, ebenfalls Doktorandin in der Gruppe von Bettina Lotsch, das Prinzip des neuen photonischen Sensors. „Unser Sensor erfasst den Grad der Feuchtigkeit und reagiert darauf mit einer entsprechenden Änderung der Farbe – und das ohne Berührung.“ Das macht das neue Nanomaterial für die Anwendung in berührungslosen Touchscreens interessant.
Eine feuchtigkeitsempfindliche Sandwich-Nanostruktur ändert auch ihre Farbe
Doch die Forscher haben gar nicht so sehr im Sinn, einen neuen Feuchtigkeitssensor zu entwickeln. Ihnen geht es um den Einsatz in berührungslosen Displays. „Da diese Sensoren sehr lokal auf Feuchtigkeitserhöhung reagieren, ist es vorstellbar, dass sich ein solches Material mit feuchtigkeitsabhängigen Eigenschaften auch für berührungslos steuerbare Displays und Monitore verwenden lässt“, so Ganter.
Auf Basis der Antimon-Phosphate entwickelten die Stuttgarter Forscher nun eine photonische Nanostruktur, die auf Feuchtigkeit mit einer Farbänderung reagiert. „Im Falle einer Bildschirmanwendung hätte der Nutzer dann ein sichtbares Feedback für seine Fingersteuerung“, erklärt Szendrei. Zu diesem Zweck erzeugten die Forscher ein mehrlagiges Sandwich, in dem sich ultradünne Antimon-Phosphat-Schichten jeweils mit Lagen entweder aus Siliciumdioxid- (SiO2) oder Titandioxid-Nanopartikeln (TiO2) abwechseln. Der Stapel aus insgesamt mehr als zehn Schichten erreichte am Ende eine Höhe von wenig mehr als einem Millionstel Meter.
Zum einen lässt sich die Farbe des Sandwich-Materials über die Schichtdicken der Lagen einstellen. Zum anderen verändert sich die Farbe des Sandwichs, wenn die Forscher, etwa durch einen sich nähernden Finger, die relative Luftfeuchtigkeit in unmittelbarer Nähe des Materials erhöhen. „Der Grund dafür liegt in der Einlagerung von Wassermolekülen in die Antimon-Phosphat-Schichten, wodurch die Schichten stark aufquellen“, so Szendrei.
Folgt: Das Material spricht binnen weniger Millisekunden auf die Feuchtigkeitsänderung an