DLR stellt Projekt für viersitziges Brennstoffzellenflugzeug vor
Mit der HY4 geht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) „einen weiteren wichtigen Schritt, um emissionsfreies elektrisches Fliegen in die Realität umzusetzen“, so eine Pressemitteilung aus Stuttgart: Die HY4 wird das weltweit erste viersitzige Passagierflugzeug sein, das allein mit einem System aus Wasserstoff-Brennstoffzellen und Batterien angetrieben wird. „Mit der HY4 wollen wir Elektromobilität in die Luft bringen, die Machbarkeit dieser Technologie demonstrieren und konkrete Anwendungsfelder im Passagiertransport aufzeigen“, erklärte Prof. Josef Kallo, Koordinator Elektrisches Fliegen am DLR, bei der offiziellen Vorstellung des Projekts auf der internationalen Fachmesse World of Energy Solutions am 12.10.2015 in Stuttgart.
Hightech-Antriebsstrang mit Hybridsystem
Um sauber, leise, energieeffizient und sicher zu fliegen, setzen die Forscher des Stuttgarter DLR-Instituts für Technische Thermodynamik auf ein spezielles Hybridsystem: Hauptenergiequelle ist eine Niedertemperatur-PEM-Brennstoffzelle. Diese wandelt den im Tank mitgeführten Wasserstoff und Luftsauerstoff in Wasser und elektrische Energie um. Im Reiseflug versorgt die Brennstoffzelle den Elektromotor dauerhaft und zuverlässig mit Strom. Lastspitzen beim Start und bei Steigflügen deckt eine Lithium-Hochleistungsbatterie ab.
Reichweite zwischen 750 und 1.500 km
Der Elektromotor der HY4 hat eine Leistung von 80 Kilowatt und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 sowie eine Reisegeschwindigkeit von 145 Kilometern pro Stunde. Abhängig von Geschwindigkeit, Flughöhe und Zuladung ist eine Reichweite zwischen 750 und 1.500 Kilometern möglich. Auffallendes Merkmal der HY4 sind ihre zwei Rümpfe, die über den Flügel sehr fest miteinander verbunden sind. Diese Doppelrumpfkonstruktion ermöglicht eine optimale Verteilung der Antriebskomponenten und insgesamt eine höhere Zuladung. In jedem der beiden Rümpfe haben zwei Passagiere Platz. Das Maximalgewicht der HY4 beträgt 1.500 Kilogramm.
Erstflug für Sommer 2016 am Flughafen Stuttgart geplant
„Die große wissenschaftliche Herausforderung des Projekts besteht darin, die Leistungsfähigkeit, Effizienz und Zuverlässigkeit des Antriebssystems Schritt für Schritt zu maximieren und für den Einsatz zum Passagiertransport zu erproben“, fasste Projektleiter Josef Kallo zusammen. Im ersten Schritt werden die DLR-Wissenschaftler den Antriebsstrang auslegen und in das Flugzeug einbauen. Der Erstflug der HY4 ist für den Sommer 2016 am Flughafen Stuttgart geplant. Die Entwicklung des Antriebsstrangs basiert auf den langjährigen Luftfahrt- und Energieforschungsaktivitäten des DLR in den Bereichen Batterien, Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologie.
Electric Air Taxis: Regionalverkehr als Einstiegsszenario
Einsatzmöglichkeiten sehen die DLR-Forscher vor allem im deutschen und europäischen Regionalverkehr. „Unser Ziel ist es, Flugzeuge wie die HY4 als Electric Air Taxi einzusetzen, um Ziele flexibler anzubinden und schnellere Alternativen zu bestehenden Transportwegen und –mitteln zu bieten“, skizzierte DLR-Forscher Kallo ein Anwendungsszenario. Gerade für kürzere Strecken seien elektrische Antriebe sehr gut geeignet, weil sie lärm- und emissionsarm sind und aufgrund ihres hohen Drehmoments auch auf kurzen Bahnen starten und landen können. Mit mehr als 60 regionalen und internationalen Flughäfen verfüge Deutschland über ein gut ausgebautes, großflächig verteiltes Netz und die geeignete Infrastruktur für die Verwirklichung dieses Ansatzes. Prof. André Thess, Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik betonte: „Das viersitzige Elektroflugzeug HY4 passt ideal zu unserer Strategie, Synergieeffekte zwischen Elektromobilität auf der Straße und in der Luft zu erschließen.“
Die HY4-Projektpartner
Unter Federführung des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik, das auch die Gesamtintegration des Antriebsstrangs verantwortet, haben sich zur Verwirklichung des weltweit ersten Brennstoffzellenpassagierflugzeugs folgende Partner zusammengeschlossen: der Brennstoffzellenhersteller Hydrogenics, der Flugzeugbauer Pipistrel, die Universität Ulm als wissenschaftlicher Partner sowie der Flughafen Stuttgart als Heimatflughafen der HY4. Die DLR-Ausgründung H2FLY wird die HY4 betreiben und den Zulassungsprozess betreuen.
Die DLR ist nicht allein: Nachdem die Schweizer Bertrand Piccard und André Borschberg mit ihrem Solar Impulse Meilensteine in der E-Luftfahrt gesetzt haten, stellte Airbus Anfang Mai 2014 nach ersten Testflügen eine kleine Propellermaschine vor, die mit Energie aus Batterien flog: Das erste kommerzielle E-Flugzeug, der E-Fan, mit mehr als sieben Metern Länge und einer Spannweite von zehn Metern. Er wiegt nur 500 Kilogramm und hat nach dem erfolgreichen Jungfernflug bereits zwanzig weitere Probeflüge absolviert. Wie beim E-Auto ist auch beim E-Flieger die Batterie das Hauptproblem. Bisher flog der E-Fan beim Test in 700 Metern Höhe 35 Minuten. Jetzt sind die Hoffnungen groß, dass die mit 80 PS bis zu 220 Stundenkilometer schnelle “E-Fan” bald als Schulungsflugzeug für Nachwuchspiloten eingesetzt werden kann. Bereits 2017 soll der Zweisitzer in einem neuen Werk in Bordeaux in Serienproduktion gehen.
Bisher hatte Airbus nur elektrische Einsitzer getestet. Aber inzwischen denken die Airbus-Ingenieure, dass in etwa 15 Jahren auch Flugzeuge mit 90 Passagieren elektrisch auf Regionalstrecken fliegen. Diese elektrischen Regionalflugzeuge sollen jedoch zunächst Hybrid-Flugzeuge sein (siehe oben!), sagte Airbus-Technikchef Jean Botti damals. (siehe solarify.eu/elektrisch-fliegen)
->Quellen und weitere Informationen: