„Genau hierdurch entsteht Fortschritt.“
[note „Die wissenschaftliche und praktische Herausforderung der Datenwissenschaft besteht darin, aus statistischen Assoziationen oder Korrelationen kausale Zusammenhänge abzuleiten.“]
Die Ergebnisse von Datenanalysen könnten „aber auch glatter Unsinn sein“, so der Mathematiker. Denn „all diese auf Gebrauchsdaten angewandten Techniken greifen immer stärker in unser Leben ein, ob wir es wollen oder nicht. Sie erleichtern Vieles, machen uns aber manchmal auch Angst.“
Als „wichtigste Botschaft“ seiner Rede sagte Grötschel (und es reiche ihm, wenn die Zuhörer nur diesen Satz mit nach Hause nähmen): „Die wissenschaftliche und praktische Herausforderung der Datenwissenschaft besteht darin, aus statistischen Assoziationen oder Korrelationen kausale Zusammenhänge abzuleiten.“ Genau hierdurch entstehe Fortschritt. Die Datenwissenschaft liefere „neue Werkzeuge für Erkenntnisgewinn“. Für die Wirtschaft und Industrie generiere sie „neue Produktideen“, identifiziere „neue Absatzmärkte und neue Geschäftsmodelle“. Die Voraussetzungen für digitale Wertschöpfung könnten „durch Software gleich in Produkte eingebaut werden“.
Angst vor Big Data – Big Brother
Big Data im Bereich der Gebrauchsdaten habe „auch das Potenzial für ‚Big Brother‘-Szenarien. Ein Problem sind dabei die erheblichen Defizite beim Verständnis der Technologie. Auch die mediale Kommunikation zu diesem Thema ist schwierig. Psychologie und Soziologie hätten hier ein wichtiges neues Einsatzfeld.“
Auf der Suche nach kontrollierbaren Regeln bezweifelte Grötschel, ob der Staat in der vernetzten Welt noch das Gewaltmonopol habe. Könne er z. B. die Privatheit schützen? Grötschel glaubt, „dass er das nicht kann – es sei denn, er wird zu einem Überwachungs- und Kontrollstaat, den niemand will. Wir müssen daher damit beginnen, über die Regeln eines neuen Gesellschaftsvertrages nachzudenken. Das ist ein großes Wort und eine höchst anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe. Ich leite diese Forderung konkret aus dem Zugriff ab, den beispielsweise Kommunikationsunternehmen de facto über mein Handy auf mein persönliches Leben haben.“
Noch „beunruhigender oder, je nach Standpunkt, auch noch aufregender“ sei folgende Tatsache:
Wenn man das Umfeld der Datenwissenschaft täglich beobachte, komme man „zu dem Schluss, dass die Innovationsgeschwindigkeit bei Erzeugung, Verarbeitung und potenziellen Verwendung von Daten höher ist als das Verständnis dieser Prozesse. Manche sprechen von einem ‚Wilden Westen’“.
Die Frage, ob das „gut oder schlecht sei, ließ Grötschel offen – aber: „Ich bin jedoch ein grundsätzlicher Optimist und vertraue darauf, dass die positiven Effekte der Datenwissenschaft die negativen überwiegen. Gleichzeitig ist es jedoch, wie in allen Bereichen unseres Lebens, notwendig, wehrhaft zu bleiben.“
Preise
Im Anschluss gehörte die Bühne dem Technikjournalismus. Andreas Schümchen, der an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Technikjournalismus lehrt, zeichnete die Gewinner des diesjährigen PUNKT – Preis für Technikjournalismus und Technikfotografie aus. Siegreich in der Kategorie Multimedia war ein Team um Thomas Reintjes mit der Online-Reportage „1 oder 0, Leben oder Tod“ (www.deutschlandfunk.de/digitalerkrieg). Für ihre Bilderserie „Schnarcher“ wurde Karoline Tiesler mit dem PUNKT in der Kategorie Foto ausgezeichnet. Ein Fotostipendium erhält Konrad Lippert, der unter dem Titel „Brot, Wohlstand und Schönheit“ die Industrieregion südlich von Halle (Saale) portraitieren wird.
->Quellen: Eigene Aufzeichnungen und Fotos GH, Redetexte, acatech.de