Elektronen auf Wanderschaft
Photokatalysatoren müssen ganz grundsätzlich über Elektronen verfügen, die sich mit sichtbarem Licht so anregen lassen, dass sie sich relativ frei bewegen und auf ein fremdes Atom oder Molekül übergehen können. Letztlich sind es diese Elektronen, die auf die Protonen im Wassermolekül übertragen werden – und somit elementaren Wasserstoff entstehen lassen.
Die in Stuttgart entwickelten COFs erfüllen all dies. Allerdings mussten die Forscher ihrem pulverförmigen Polymer noch Platin-Nanopartikel und einen sogenannten Elektronen-Donor zusetzen. „Die Platinteilchen wirken als Mikroelektroden, an denen die Elektronen vom COF zum Wasserstoff übergehen“, sagt Vijay Vyas, Wissenschaftler in der Nanochemiegruppe am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkörperforschung.
„Und der Elektronen-Donor ist nötig, um die im COF zurückbleibende positive Ladung wieder auszugleichen“, so Vyas. Die Forscher gaben alle Zutaten in eine wässrige Lösung. Bestrahlten sie die Mixtur mit sichtbarem Licht, setzte die Bildung von Wasserstoff ein.
Für die Wissenschaftler war nicht nur erfreulich, dass die so geformten COFs in der Lage waren, Wasserstoff zu produzieren. Darüber hinaus gelang es ihnen, die Rate, mit der das Material Wasserstoff erzeugt, durch Einstellung der molekularen Geometrie der Netzwerke zu regulieren.
Zu diesem Zweck variierten sie gezielt das Ausgangsmaterial – eine Triphenylaryl-Verbindung –, aus dem sie den Katalysator herstellten. „Eine besonders hohe Wasserstoffausbeute erzielten wir, als die Ausgangssubstanz annähernd planar war“, sagt Vyas. Der Befund deckte sich auch mit parallel durchgeführten theoretischen Berechnungen. „Dies ist das erste Mal überhaupt, dass wir die photokatalytischen Eigenschaften eines COFs auf molekularer Ebene präzise einstellen können“, so der Max-Planck-Wissenschaftler.
In Zukunft wollen die Forscher diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Substanzen gezielt weiterzuentwickeln. Ein Ziel ist dabei, den Mechanismus der Photokatalyse in diesen Systemen genauer zu verstehen und das komplexe Zusammenspiel der Einzelkomponenten weiter zu verfeinern.
Uumweltfreundliche und preiswerte Photokatalysatoren
Gegenüber Katalysatoren auf Metallbasis, die oft mit hohen Kosten verbunden und nur wenig modifizierbar sind, hat die neue Materialklasse einen entscheidenden Vorteil. „Da sich ihre Eigenschaften spezifisch molekular ändern lassen, lässt sich auch ihre Leistung gezielt verbessern“, sagt Frederik Haase aus der Arbeitsgruppe von Bettina Lotsch. Damit liefern die neu entwickelten Materialien beste Voraussetzungen, um auf ihrer Basis umweltfreundliche und preiswerte Photokatalysatoren entwickeln zu können.
„Wir konnten erstmals auf molekularer Ebene zeigen, dass sich die strukturellen, morphologischen und optoelektronischen Eigenschaften kovalenter organischer Netzwerke präzise daraufhin einstellen lassen, ihre photokatalytische Aktivität zu verbessern“, fasst Bettina Lotsch das Ergebnis zusammen. Die Grundlagenforschung der LMU-Chemiker könnte daher dazu beitragen, Solarenergie künftig effizienter zu nutzen als dies bislang möglich ist.
Viele Einsatzmöglichkeiten
Trotz der ersten Erfolge sind auch diese Materialien noch weit von einer industriellen Wasserstoffgewinnung aus Wasser und Sonnenlicht entfernt. Dafür müsste sich die Substanz beispielsweise kostengünstig in größeren Mengen herstellen lassen und über lange Zeiträume stabil Wasserstoff produzieren. Auch wenn diese und weitere Fragen noch offen sind, kann sich Vijay Vyas auf jeden Fall vorstellen, dass die Menschheit eines Tages in der Lage sein wird, Wasserstoff auf sehr effiziente Art einfach aus Licht, Wasser und einem Kohlenstoff-basierten Material herzustellen.
Dieser umweltfreundlich gewonnene Wasserstoff wäre dann für vieles einsetzbar. Schon heute gibt es Szenarien, ihn als Kraftstoff für Fahrzeuge oder für die Herstellung weiterer Energieträger zu nutzen. In Brennstoffzellen wiederum ließe sich mit Wasserstoff (und Sauerstoff) Strom erzeugen. Und auch der Wasserstoff, der derzeit in der Industrie für die Herstellung vieler wichtiger Chemikalien eingesetzt wird, ließe sich dann umweltfreundlich bereitstellen. Derzeit wird er vor allem aus fossilen Rohstoffen gewonnen. (PH / KH)
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