Energiewende: Chancen und Herausforderungen für die Industrie

Schlussfolgerungen und Optionen:

Aus dem Gesagten zog Schlögl diese Schlussfolgerungen:

  • Große Speicher sind nicht wesentlich in den kommenden 15 Jahren – wenn alle anderen Flexibilisierungsoptionen (inkl. thermomechanische Speicher) wirken.
  • Aber kein chemisches System (Batterie oder Langzeit) ist heute den Anforderungen gewachsen – trotz erheblicher Aufwendungen in Forschung und Entwicklung.
  • Unter realen Einsatzbedingungen sind Kosten und Stabilität die Hauptprobleme.
  • Dahinter stecken jedoch massive grundlegende Probleme. Diese gefährden die Energiewende ab ca. 2030.

Als Optionen zählte Schlögl auf:

  • Konkrete realistische Zieldefinition mit elastischen Zeiträumen und klarer Zielhierarchie.
  • Technologie erproben für thermomechanische und Batteriespeicher im ca. 100 MW-Bereich unter realen Einsatzbedingungen für mindestens drei Jahre mit Offenlegung der Ergebnisse und Schwachstellenanalyse.
  • Gerichtete Großprojekte in Forschung und Entwicklung für Langzeitspeicher bis 2025, danach zehnjährige Erprobung der Technologie. 

Schlögl leitet die Steuerungsgruppe des Forschungsprojekts Energisysteme der Zukunft (ESYS – siehe solarify.eu/akademienprojekt-energiesysteme-der-zukunft), das von den deutschen Wissenschaftsakademien gemeinsam getragen wird – dort erarbeiten Forscher der unterschiedlichsten Richtungen bis hin zu den Sozialwissenschaften Handlungsoptionen für Politik und Wirtschaft – keine Empfehlungen, sondern lediglich „Wenn-Dann-Szenarien“. Entscheiden müssen die Entscheider dann selbst. Diese Handlungsoptionen sehen so aus:

Zehn Punkte für das Energiesystem

  1. Verbindung aller Domänen des technischen Energiesystems durch nachhaltige Versorgung.
  2. Graduelle Defossilisierung ausgehend vom Stromsystem.
  3. Optimierung der Importabhängigkeit.
  4. Nutzung der Möglichkeiten von Speichersystemen nicht für Rückverstromung, sondern für andere Teile des Energiesystems.
  5. Nutzung fossiler und biobasierter Quellen solange wie möglich.
  6. Bildung hierarchischer Systeme der Energieversorgung.
  7. Regulatorisches System: keine künstlichen Grenzen, technologieoffen, ohne künstlichen „Wettbewerb“, optimiert auf nötige Kosten bei sich entwickelnder Nachhaltigkeit: einfach, verlässlich, transparent!
  8. Gemeinsam mit allen Stakeholdern und ohne Ideologien auf allen Seiten.
  9. Exportoptionen für nachhaltige Technologien (Leitmarkt und Leitanbieter).
  10. Organisation der Energiewende auch zeitlich nachhaltig.

 Chancen und Herausforderungen

  • Dezentrale effiziente Erzeugung (Digitalisierung, Materialien, Designs)
  • Wartung und Recycling
  • Batteriespeicher (solid, redox flow)
  • Leistungselektronik
  • Energieffizienz überall, aber richtig (Gebäude?), auch im privaten Bereich
  • Nicht nur Kosten sondern Klimaschutz
  • Integration zentral ,dezentral, stofflich-elektrisch (Digitalisierung)
  • Neue Technologien für Energiewandlung
  • Energiesicherheit (wieder IT)
  • Beratung
  • Verlust der konventionellen Strukturen
  • Viele technologische Unsicherheiten (Investitionsstau)
  • Neue Kundenbeziehungen
  • Markt für Energie?
  • Staatliche Eingriffe zu Lasten Dritter
  • Regulatorische Volatilität
  • Fehlende soziale und politische Willensbildung: Politik abgekoppelt von „Kunden“
  • Unverständnis von Zeiten und systemischen Zusammenhängen im Energiesystem: Oft schnelle Lösung statt Konzept.

Energiecampus Ruhr

Gegen Ende kam Schlögl – er sprach schließlich in Essen – auf den Energiecampus Ruhr (siehe solarify.eu/essen-ab-2016-mit-energie-campus-ruhr) zu sprechen: Gemeinsam mit den Initiatoren Nordrhein-Westfalen, der Fraunhofer-, und der Max-Planck-Gesellschaft treibe man dort die Einrichtung einer Technologietransferplattform voran. Dabei sei man offen für Kooperationen unter Nutzung der wissenschaftlichen Potenziale der Initiatoren. Das werde „vorwettbewerblich und firmen-neutral“ geschehen, gleichzeitig vertraulich-kooperativ als Entwicklungsoptition. Das sogenannte künftige PLANCK-Lab sei für alle Nutzer der Plattform offen, die ein zentraler Ort werden solle, „um die interdisziplinären Chancen für die Energiewende praktisch nutzbar zu machen“.

Gewissermaßen „zum Mitnehmen fürs Publikum“…

…nannte Schlögl:

  • „CO2 ist ein unverzichtbares Element in allen nachhaltigen Energiesystemen (auch in der Natur!).
  • Zu seiner Nutzung müssen wir die groß-skalige Wandlung von Strom in Wasserstoff und Folgechemikalien beherrschen.
  • Das muss in ein funktionales hierarchisches Energiesystem aus Elektrizität und stofflichen Trägern integriert werden.
  • Es fehlen uns Komponenten, Prozesse und die systemische Architektur sowie ihre digitale Realisation.
  • Forschung, Entwicklung und konkrete Planung nach Beratung auf Ebenen von Unternehmen und Privatpersonen sind zusammen erforderlich um nachhaltig in Technologie und Nutzung zu werden.“

Schlögl: „Diese Aufgabe ist lösbar und birgt enormes Entwicklungspotenzial: Die Abwehr dieser Einsicht ist unser größtes Problem.“

->Quellen: