Bundespräsident fordert von UN-Klimagipfel, für den Klimaschutz „endlich das Erforderliche in die Wege zu leiten“ – Überreichung des Deutschen Umweltpreises der DBU
Bundespräsident Joachim Gauck würdigte am 08.11.2015 die neuen „herausragenden Empfänger“ des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) als „Persönlichkeiten, denen wir alle viel zu verdanken haben und die heute verdientermaßen ausgezeichnet werden: An Ihnen richten wir uns auf.“ Die COP21 in Paris müsse jetzt handeln.
Ewigkeitskosten umso höher, je später geeignete Maßnahmen beginnen
Gauck ging in seiner Festrede vor allem auf die bevorstehende Weltklimakonferenz ein: Alles, was für die Bewahrung und Verbesserung der Umwelt zu planen und zu teun sei, könne und müsse in großen Zeiträumen berechnet werden. Weil sich Effekte erst langsam einstellten, könne die Richtung nicht nicht früh genug geändert werden. Ökosysteme wie das Klima oder die Böden veränderten sich nur sehr allmählich. Es bleibe nicht ewig Zeit, schwere und schwerste Schäden aufzuhalten. Wenn sich Veränderungen des wirtschaftlichen oder technischen, des Produktions- oder Verkehrsverhaltens wissenschaftlich als unabweisbar richtig erwiesen, dann müssten sie auch politisch angegangen werden.
Gauck: „So viel Zeit, wie wir sie seit Beginn der Industrialisierung hatten, um das Klima in Richtung Lebensfeindlichkeit zu verändern, so viel Zeit haben wir für das Beenden und für die Umkehr dieses Prozesses jedenfalls nicht.“ Deshalb hoffe er, dass die bald in Paris beginnende Klimakonferenz der Vereinten Nationen „in diesem Sinn endlich das Erforderliche in die Wege leitet“. Die „Ewigkeitskosten“ für den Klimaschutz fielen nach allen seriösen Voraussagen nämlich umso höher aus, je später man mit geeigneten Maßnahmen beginne.
Böden als wertvolles, begrenztes Gut erkennen
Der Bundespräsident lobte die Erfolge des Strukturwandels im Ruhrgebiet und bezeichnete sie als nachahmenswert, ebenso wie er die Renaturierung der Emscher als national, wenn nicht gar europäisch beachtetes Beispiel und Symbol dafür erwähnte, was man für eine radikale Verbesserung der Umwelt tun könne. Die Notwendigkeit des Schutzes der Böden hob er besonders hervor, sie seien nämlich höchst gefährdet: Jährlich gingen Millionen Hektar fruchtbarer Böden verloren. Wenn die Weltbevölkerung weiter so wachse, könne 2050 jedem Menschen nur noch halb so viel Ackerland zur Verfügung stehen wie heute. Böden müssten als wertvolles, begrenztes Gut erkannt werden, das nur sorgsam genutzt werden dürfe.
Achtsamer mit Lebensmitteln umgehen und deren sorglose Vernichtung beendeten
Flächendeckende Rodungen, Versiegelung, Überdüngung und Monokulturen hätten innerhalb kürzester Zeit fruchtbare Böden zerstört, die in Tausenden und Abertausenden von Jahren entstanden seien. Es sei höchste Zeit, die Aufmerksamkeit auf diese zentrale Lebensgrundlage zu lenken. Bodenverlust müsse gebremst, die Rekultivierung von Böden vorangebracht werden. Gerade die entwickelten Länder müssten die ungeheure Verschwendung von Bodenkapazität beenden, indem die Menschen wieder achtsamer mit Lebensmitteln umgingen und deren sorglose Vernichtung beendeten. Die Nachhaltigkeitsziele, die jüngst von den Vereinten Nationen beschlossen wurden, dienten auch dem Schutz der Böden. Dazu gehörten etwa die nachhaltige Forstwirtschaft und der Kampf gegen Versteppung, Bodenverschlechterung und den Verlust der Artenvielfalt. Diese Aufgaben müssten mit Entschlossenheit angepackt werden.
Aus den Händen Gaucks und der DBU-Kuratoriumsvorsitzenden und BMUB-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter nahmen in Essen der Klima- und Meeresforscher Prof. Dr. Mojib Latif (61, Kiel) und der global agierende Nachhaltigkeitswissenschaftler Prof. Dr. Johan Rockström (49, Stockholm) den höchstdotierten unabhängigen Umweltpreis Europas in Empfang. Sie erhalten je 245.000 Euro. Den bisher nur vier Mal von der DBU zusätzlich vergebenen und mit 10.000 Euro dotierten Ehrenpreis erhielt Prof. em. Dr. Michael Succow (78, Greifswald) für sein lebenslanges Naturschutz-Engagement.
Vor rund 1.200 Festgästen betonte Gauck, die drei Preisträger arbeiteten daran, „dass wir unseren Kindern eine Welt hinterlassen, in der man frische Luft atmen, klares Wasser trinken und von gesunden Böden ernten kann – in der also das Selbstverständliche selbstverständlich ist“. Rockström habe mit seinem Konzept der planetaren Grenzen objektive Belastungsgrenzen der Erde ausgerechnet und so politischen Entscheidungsträgern eine Prioritätensetzung im Umwelt- und Naturschutz ermöglicht. Latif mache seit Jahren darauf aufmerksam, dass unser Planet ohne intakte Ozeane unbewohnbar werde und habe die Gabe, komplizierte Sachverhalte einfach und nachvollziehbar darzustellen. Und Succow habe als genialer Netzwerker des deutschen Naturschutzes im deutschen Wiedervereinigungsjahr 1990 als stellvertretender DDR-Umweltminister rund 4,5 Prozent der DDR-Fläche dauerhaft für den Naturschutz gesichert und so die Grundlage für das gesamtdeutsche Nationalparkprogramm gelegt.
Folgt: Lob der Preisträger – „Unbegrenztes materielles Wachstum nicht möglich, wenn die Erde begrenzt ist“