China gibt neue Richtung in globaler Energienachfrage vor
China bleibt zwar einerseits mit Abstand der weltweit größte Produzent und Verbraucher von Kohle, stellt aber andererseits eine größere Stromerzeugungskapazität aus Erneuerbaren Energien als jedes andere Land bereit. Bis 2030 werde China zudem die USA als größter Ölverbraucher und die EU als (noch) größerer Erdgasmarkt ablösen. Die Energienachfrage werde 2040 fast doppelt so hoch wie in den USA sein. „Strukturelle Änderungen in der Wirtschaft, die ein Wachstum des Dienstleistungssektors anstelle der Schwerindustrie begünstigen (sowohl die Stahl- als auch die Zementproduktion haben ihren Höhepunkt aller Wahrscheinlichkeit nach 2014 erreicht), bedeuten jedoch, dass 85% weniger Energie nötig ist, um das Wirtschaftswachstum voranzutreiben als in den letzten 25 Jahren.“ Zudem veränderten politische Entscheidungen die Ausrichtung und das Wachstum des chinesischen Energiesystems. China werde 2017 ein Emissionshandelssystem für den Stromsektor und die Schwerindustrie einführen, was den Kohlebedarf abschwäche. Im Vergleich zu mageren 3 Prozent 2005 unterliege heute bereits die Hälfte des Energieverbrauchs in China verpflichtenden Effizienzstandards, und fortlaufende Effizienzverbesserungen führen neben einem groß angelegten Ausbau der Wind-, Solar-, Wasser- und Kernenergie zu einer Abflachung und letztendlich zu einem Höchstwert der [[CO2]]-Emissionen Chinas um 2030. (Kernenergie gilt immer noch als [[CO2]]-arme Energie.)
Indien erobert mit steigender Nachfrage Weltenergie-Bühne
Indien bilde einen Länderschwerpunkt des WEO-2015 und mache mit etwa einem Viertel den größten Anteil am globalen Wachstum der Energienachfrage aus. Indien beheimate zwar heute ein Sechstel der Weltbevölkerung, aber ein Fünftel davon (240 Millionen Menschen) sei immer noch von der Stromversorgung abgeschnitten. Es bilde zwar den drittgrößten Wirtschaftsraum, verbrauche heute jedoch nur 6% der globalen Energie. Doch der Energieverbrauch werde dauerhaft und schnell ansteigen – und der Kohlebedarf: 2040 habe Indien bei einem Kohleanteil von fast der Hälfte des gesamten Energie-Mixes das mit Abstand größte Nachfragewachstum. Der Ölbedarf steige mehr als in jedem anderen Land: gegen Ende des Zeitraums auf nahezu 10 Millionen Barrel/Tag. Indien steigere gleichzeitig den Ausbau kohlenstoffarmer Technologien – 40% der Stromerzeugungskapazität solle 2030 aus nicht-fossilen Quellen kommen. Die Deckung des indischen Energiebedarfs erfordere hohen Kapitaleinsatz und fortlaufende Überwachung der Folgen für Energiesicherheit und Umwelt. Der Ausbau der Kohleförderung mache Indien einerseits zum zweitgrößten Kohleproduzenten der Welt, andererseits werde das Land schon vor 2020 zum größten Kohleimporteur vor Japan, der EU und China. Die Abhängigkeit von Ölimporten steige bis 2040 gar auf 90%.
1,2 Mrd. weltweit ohne Strom – 2,7 Mrd. kochen gesundheitsgefährdend mit Biomasse
Das weltweite Ziel günstiger, zuverlässiger, nachhaltiger und moderner Energie für alle werde nicht erreicht. Schätzungsweise noch 1,2 Milliarden Menschen (17% der globalen Bevölkerung) sind heute noch ohne Stromversorgung, und 2,7 Milliarden Menschen (38% der globalen Bevölkerung) gefährden ihre Gesundheit, indem sie mit traditioneller Biomasse kochen. Die SDGs der UN haben auch ein Energieziel zum Inhalt: weltweit Zugang zu Energie bis 2030. Im IEA-Outlook fällt die Zahl der Menschen ohne Stromversorgung bis 2030 auf 800 Millionen, und die Anzahl der Menschen ohne Zugang zu sauberen Kochbrennstoffen sinkt nur schrittweise auf 2,3 Mrd. im Jahr 2030 .
Ölpreis steigt, während Märkte den Angebotsüberschuss abarbeiten, aber Risiken bleiben
Ein Trost: „2020 kommt der Ölmarkt bei fast 75 Euro pro Barrel wieder ins Gleichgewicht, wobei die Preise anschließend weiter stiegen.“ Bis 2020 ziehe die Ölnachfrage an und nehme im Schnitt jährlich um 900.000 Barrel/Tag zu. Der nachfolgende Anstieg auf 103,5 Mio. Barrel/Tag 2040 werde jedoch durch höhere Preise und durch Ausstiegsbemühungen aus Subventionen, Effizienzvorschriften und den Übergang zu alternativen Brennstoffen gebremst. Insgesamt falle der Ölbedarf in den USA, der EU und Japan bis 2040 um etwa 10 Mio. Barrel/Tag. Angebotsseitig führt der derzeitige Rückgang der Ausgaben (der 2015 geschätzt mehr als 20% betrug) dazu, dass die gesamte Produktion der Nicht-OPEC-Produzenten vor 2020 ihren Spitzenwert von knapp über 55 Mio. Barrel/Tag erreicht.
Das Produktionswachstum in den OPEC-Ländern werde von Iran und dem Irak angeführt. Beide Länder hätten jedoch mit großen Herausforderungen zu kämpfen: dem Risiko der Instabilität sowie infrastrukturelle und institutionelle Schwächen im Irak und dem Bedarf an Technologien und umfassenden Investitionen im Iran. Allein zur Kompensation der abnehmenden Produktion in bestehenden Feldern und zur Beibehaltung der derzeitigen Produktionsmenge auch in der Zukunft seien jährlich weltweit Investitionen von 585 Mrd. Euro im Öl- und Gassektor erforderlich.