Tight-oil treibe die Kosten letztendlich in die Höhe
Die Tight-oil-Produktion gerate kurzfristig ins Wanken, setze jedoch mit wieder ansteigenden Preisen und dank fortlaufender Verbesserungen der Technologien und der Effizienz den Aufwärtstrend fort. Der Anstieg werde jedoch letztendlich durch steigende Produktionskosten eingeschränkt, da die „Sweet Spots“ von den Betreibern leer gefördert werden und sie auf weniger produktive Gebiete ausweichen müssten. Die Tight-oil-Produktion in den USA erreiche Anfang der 2020-er Jahre ihren Höhepunkte bei knapp über 5 Mio. Barrel/Tag und nehme danach langsam ab .
Und wenn die Preise doch länger niedriger blieben?
Das könne über eine längere Frist nicht ausgeschlossen werden. In diesem Szenario bleibe der Ölpreis bis zum Ende dieser Dekade bei einer Marke von etwa 45 €/Barrel, bevor er langsam wieder auf 80 €/Barrel im Jahr 2040 ansteige. Dafür seien nötig
- geringeres Wirtschaftswachstum,
- ein stabilerer Naher Osten,
- ein dauerhafter Wandel der OPEC-Produktionsstrategie zur Sicherung eines höheren Ölmarkt-Anteils (und eines Preises, der die Stellung des Öls im globalen Energie-Mix verteidige), sowie
- eine belastbarere Versorgung aus Nicht-OPEC-Ländern, vornehmlich durch US-amerikanisches Tight-oil.
Weil der Transportsektor den Ölverbrauch 2040 auf 107 Mio. Barrel/Tag steigen lassen werde, müssten Länder mit großen kostengünstigen Ressourcen viel mehr Öl fördern als im zentralen IEA-Szenario vorgesehen. Im Low Oil Price-Szenario liege der „Ölmarktanteil des Nahen Ostens höher als je in den vergangenen vierzig Jahren“.
OPEC-Ölexporterträge sinken im Vergleich zum zentralen IEA-Szenario trotz höherer Produktionsmenge um ein Viertel
Geringere Ölpreise bedeuten laut IEA „steigende Abhängigkeit vom Nahen Osten für importiertes Rohöl sowie das Risiko einer starken Preiswende, wenn die Investitionen versiegen“. Die Aussichten für erdgasbetriebene Fahrzeuge, Biokraftstoffe und E-Mobilität würden durch günstigere konventionelle Transportkraftstoffe ebenso gebremst, wie der Anreiz für die Investition in effizientere Technologien. Im IEA-Low Oil Price Szenario haben längere Amortisationszeiten zur Folge, fast 15% weniger Energie als im zentralen IEA-Szenario – ein Verlust von ca. 750 Mrd. Euro in Form von Effizienzverbesserungen für PKW, LKW und Flugzeuge – „was die so dringend benötigte Energiewende beeinträchtigt“.
Keine klare Sache für Erdgas
„Wenn Erdgas als Ersatz für kohlenstoffreichere Kraftstoffe oder zur Unterstützung der Integration erneuerbarer Energien genutzt wird, eignet es sich ideal für die schrittweise Dekarbonisierung des Energiesystems: Eine Verbrauchssteigerung von fast 50% macht Erdgas zum am schnellsten wachsenden fossilen Brennstoff.“ Hauptwachstumszentren für Erdgas seien China und der Nahe Osten, die zu größeren Verbrauchern als die EU werden (dort erreiche die Erdgasnutzung nie mehr ihren Spitzenwert von 2010). Durch die niedrigen Erdgaspreise in Nordamerika gebe es genügend Erdgas zu wettbewerbsfähigem Preis. Der langfristige Nachfrageanstieg werde jedoch durch Effizienzmaßnahmen eingeschränkt (vor allem im Gebäudesektor), sowie durch den Wettbewerb mit den Erneuerbaren Energien. „Wenn aber Investitionen aufgrund der niedrigen Preise ausblieben, kann das zur Verknappung des Angebots führen. Denn ein Fünftel des projizierten Bedarfsanstiegs besteht aus Erdgas., das mithilfe von sehr kapitalintensiven Pipelines oder LNG-Projekten über weite Entfernungen transportiert wird. Diese Projektkosten unter Kontrolle zu halten (im Gegensatz zu den zahlreichen Beispielen für Kostenüberschreitungen in letzter Zeit) ist für die zukünftige wettbewerbsfähige Positionierung von Erdgas entscheidend.“ Auch die Geschwindigkeit des Fracking-Wachstums in China verursache Ungewissheit für die Märkte: Trotz der Fracking-Richtlinien sprechen geologische Aspekte, begrenzte Wasserverfügbarkeit, die Bevölkerungsdichte in einigen ressourcenreichen Regionen und regulatorische Probleme in Bezug auf die Preisgestaltung und der Zugriff auf Ressourcen und inländische Pipelines gegen einen schnellen Anstieg der Fördermenge.