„Globaler Gesellschaftsvertrag für Nachhaltigkeit“
Solcherlei Schnittstellen würden in Zukunft unerlässlich sein, gemeinsam müssten Wissenschaft, Politik und Gesellschaft für die enormen Herausforderungen unserer Zeit regionale und globale Lösungsmöglichkeiten finden. Fragen wie: Wie bewältigen wir die großen Fluchtbewegungen? – Wie ändern wir unser Entwicklungspolitik, um Fluchtursachen beheben zu helfen? Wachstum könne nur nachhaltig angelegt sein.
Töpfer mahne einen „Globalen Gesellschaftsvertrag für Nachhaltigkeit“ an, dieser sei unabdingbar, wenn man bedenke, dass sich 2050 unsere Enkelkinder mit 9 Mrd Menschen wiederfinden und nach Lösungen suchen müssten, damit für all diese Menschen angemessene Lebensbedingungen geschaffen werden könnten.
Nie agiere Töpfer, der grandiose Netzwerker, mit erhobenem Zeigefinger – immer nehme er seine Person zurück – sein Prinzip sei „die Augenhöhe“ – sein Ansatz ein systemischer – ein transministerieller – die Untersuchung etwa, wie man Bürgerbeteiligung richtig anstelle, damit sich die Menschen auch mitgenommen fühlten von der Politik. Töpfer habe die Gabe, die konträrsten Positionen zu integrieren, das habe er auf seinen unterschiedlichsten Stationen – auch als UNEP-Exekutivdirektor vielfach unter Beweis gestellt.
Töpfer sei es gewesen, der als erster mit der „Global Soil Week“ auf die Notwendigkeit des Schutzes der Böden aufmerksam gemacht habe. Durch den Klimawandel würden jedes Jahr 24 Milliarden Tonnen Erdboden abgetragen, eine Riesenfläche, die für die Produktion der notwendigen Nahrungsmittel unwiederbringlich verloren sei. Oder ein anderes internationales Projekt: „Schutz der Meere“. „Ich bin Ihnen dafür sehr dankbar,“ so die Ministerin. „Als Sie 2009 als Gründungsdirektor anfingen, das IASS zu etablieren, da gab es schon unzählige Forschungsinstitutionen. Es ist Ihnen gelungen, in diesem Konzert etwas Neues zu schaffen. darauf werden wir in Zukunft aufbauen können. Als der 77-jährige Töpfer kürzlich für sein Lebenswerk bedankt werden sollte, fragte er verwundert: „Wieso für mein Lebenswerk, wir haben doch noch so viel vor!“ Diese Aussage treffe auch jetzt zu, da sei sie sich ganz sicher, so die Ministerin.
Klaus Töpfer studierte Volkswirtschaftslehre in Frankfurt und Münster. Von 1978 bis 1979 war er Professor und Direktor des Instituts für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Hannover, von 1987 bis 1994 Bundesumweltminister und von 1994 bis 1998 als Bundesbauminister verantwortlich für den Berlin-Umzug der Bundesregierung. Von 1998 bis 2006 leitete er das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi und war Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen. Unter Töpfers Leitung wuchs das IASS in wenigen Jahren auf rund 150 Mitarbeiter aus 40 Ländern an und machte sich bald mit einer neuen Art transdisziplinärer Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft international einen Namen. Im Rahmen der Forschungsarbeiten werden alle Formen des verfügbaren Wissens in die Entwicklung von Lösungsansätzen einbezogen. In der Umsetzung transdisziplinärer Forschungsprojekte hat das IASS seinem Gründungsauftrag entsprochen, vorhandenes Wissen für die Lösung von Nachhaltigkeitsherausforderungen zu entwickeln und in die Praxis von Politik und Wirtschaft zu transferieren.
Viel diskutiert sind die Arbeiten des IASS zur Energiewende. In diesem Bereich konnte am IASS durch die Verbindung mit der exzellenten Energietechnikforschung Carlo Rubbias eine einzigartige Expertise aufgebaut werden, die nicht zuletzt für die internationale Wahrnehmung deutscher Energieforschung und -politik entscheidend war. Mit seiner Arbeit zu der Ressource Boden ist es dem IASS in kurzer Zeit gelungen, auf die Bedrohung dieser lebenswichtigen Ressource aufmerksam zu machen und zusammen mit Partnern aus der Wissenschaft sowie Akteuren aus Politik und Zivilgesellschaft an ihrem verbesserten Schutz zu arbeiten. Auch für eine bessere Governance der Ozeane, die stärkere Einbeziehung kultureller Dimensionen der Nachhaltigkeit und die Erschließung von finanzmarktpolitischen Fragen als genuinen Nachhaltigkeitsherausforderungen wurden Brücken vom Wissen zum Handeln geschlagen. Im Oktober 2015 übernahm der bisherige Wissenschaftliche Direktor Mark Lawrence die Geschäftsführung des IASS. Im Februar 2016 tritt der Risikoforscher Ortwin Renn als erster von zwei neuen Wissenschaftlichen Direktoren am IASS sein Amt an.
Folgt: Altmaier: Töpfer muss mindestens so alt werden wie Helmut Schmidt