Radial polarisierter Laserstrahl als Bewegungssensor
Winzige Teilchen zu verfolgen, könnte künftig einfacher werden – selbst wenn sie mit der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel durch die Gegend sausen. Denn Forscher des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts um Christoph Marquardt und Gerd Leuchs haben festgestellt, dass sich solche Partikel mit einem radial polarisierten Laserstrahl gewissermaßen filmen lassen.
In radial polarisiertem Licht ordnen sich die Schwingungsebenen der Lichtwellen wie Speichen eines Rades an. Wenn die Forscher ein Teilchen durch einen solchen Laserstrahl fliegen lassen, können sie seine Position mehrere Milliarden Mal in der Sekunde bestimmen, indem sie die Polarisation des Strahls messen. Dabei machen sich die Physiker zunutze, dass die Polarisation des Laserstrahls und seine räumliche Struktur miteinander klassisch verschränkt sind. Bislang lässt sich der Weg etwa von sehr schnellen Objekten nur mit teuren Hochgeschwindigkeitskameras verfolgen. Diese laufen zudem nur für den Bruchteil einer Sekunde, ehe sie neu gestartet werden müssen.
[note Im Flug verfolgt: Physiker des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts verfolgen den Weg einer ein Millimeter großen Metallkugel, die durch einen radial polarisierten Laserstrahl fliegt, in dem sich die durch die Pfeile symbolisierten Polarisationen wie die Speichen eines Rades anordnen. In einem solchen Lichtstrahl sind die Polarisation und Informationen über die räumliche Struktur des Strahls miteinander klassisch verschränkt. Daher lässt sich die Position des Kügelchens durch Messungen der Polarisation bestimmen. – Bild © Optica 2015, MPI für die Physik des Lichts]
Gewöhnlich gilt die Verschränkung als Paradebeispiel für die abenteuerlichen Herausforderungen, die unsere Vorstellungskraft zu bewältigen hat, wenn sie es mit der Quantenmechanik, der nicht-klassischen Physik, zu tun bekommt. So beeinflussen die Eigenschaften zweier verschränkter Teilchen einander ohne jeden Zeitverzug – und das sogar über weite Strecken. Doch auch die klassische Physik kennt ein Analogon zur quantenmechanischen Verschränkung: „In einem radial polarisierten Lichtstrahl hängt die Polarisation mit der Verteilung des elektromagnetischen Feldes zusammen“, sagt Christoph Marquardt, der in der Abteilung von Gerd Leuchs am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen, eine Forschungsgruppe leitet. „Erstaunlicherweise gleicht die mathematische Beschreibung dieses Zusammenhangs derjenigen der quantenmechanischen Verschränkung.“
Allerdings präsentiert sich die klassische Verschränkung nicht ganz so geisterhaft, wie quantenmechanische. So hängen die beiden Eigenschaften des radial polarisierten Laserstrahls zwar untrennbar voneinander ab. Aber sie beeinflussen sich anders als bei der quantenmechanischen Verschränkung nicht über weite Strecken. Vielmehr gilt die klassische Verschränkung nur innerhalb eines Lichtstrahls. Dennoch hat sie einen praktischen Nutzen: Über den Zusammenhang von Polarisation und Ortsinformation bestimmen die Physiker um Christoph Marquardt die Position eines Teilchens, das senkrecht durch einen Laserstrahl rast. Und weil sich die Polarisation eines Lichtstrahls mehr als eine Milliarde Mal in der Sekunde messen lässt, können die Erlanger Forscher den Flug selbst eines sehr schnellen Teilchens durch den Laserstrahl verfolgen. „Über Messungen der Polarisation können wir Objekte mit jeder irdischen Geschwindigkeit verfolgen“, sagt Christoph Marquardt.
Folgt: Experimente belegen, wie gut der Bewegungssensor funktioniert