Fazit der Zusammenfassung
Die Szenarien lassen sehr deutlich drei Schlussfolgerungen zu:
- Unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten sind die ambitionierten Ziele des Energiekonzepts erreichbar. Mangelnde Emissionsminderungspotenziale stehen somit dem Energiekonzept nicht entgegen. Die bisher umgesetzten Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um das Treibhausgasminderungsziel zu treffen, wie das unter diesen Voraussetzungen untersuchte Aktuelle-Maßnahmen-Szenario (2012) deutlich erkennen lässt.
- Der im Energiekonzept vorgegebene Mindestzielpfad ist für die Jahre 2020 bis 2040 knapp ausreichend, um eine Minderung von 80 % bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Um allerdings eine Minderung von 90 % (siehe erste Modellierungsrunde) und mehr bis zum Jahr 2050 zu erreichen, reicht der vorgegebene Mindestzielpfad nicht aus. Die Szenarienanalyse weist hier als Wegmarken eine Minderung um mindestens 60 % bis 2030 und mindestens 80 % bis 2040 aus. Es wird deutlich, dass die Minderung in den ersten beiden Jahrzehnten schneller erfolgen muss, als zwischen 2040 und 2050, da es dann nur noch wenige kostengünstige Minderungspotenziale gibt.
- Bei einem Zielwert von 95 % Treibhausgasminderung sind deutlich anspruchsvollere Emissionsreduktionen von jedem Sektor zu erbringen, als bei einem Zielwert von 80%. Die Wechselwirkung zwischen den Sektoren wird immer größer. Da das Minderungspotenzial in den Nichtenergiesektoren (insbesondere in der Landwirtschaft) begrenzt ist, müssen die energiebedingten CO2-Emissionen aus den Sektoren Energiewirtschaft, Verkehr (einschließlich des internationalen Luft- und Seeverkehrs), Industrie und Haushalte/GHD in Summe mit etwa 97 % entsprechend überdurchschnittlich reduzieren.
Daraus folgt auch, dass im Hinblick auf die Zielerreichung noch ein erheblicher politischer Handlungsbedarf besteht. Kein Sektor kann davon ausgenommen werden. Die Handlungsebenen politischer Instrumente für zusätzlichen Klimaschutz liegen sowohl auf nationaler Ebene, aber insbesondere im Bereich des Emissionshandels auch auf europäischer Ebene. Instrumentell steht dafür ein breites Spektrum zur Verfügung, von dem soweit wie möglich auf der aggregierten Ebene wie sektorspezifisch Gebrauch gemacht werden muss. Die vorliegende Studie liefert wichtige Anhaltspunkte für Meilensteine und Politikinstrumente:
1. Energiewirtschaft:
- Im Bereich der Energiewirtschaft muss zur Erreichung der Emissionsziele die Deckung der Stromnachfrage bis zum Jahr 2050 weitreichend (KS 80) bzw. fast vollständig (KS 95) CO2-neutral erfolgen.
- Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Stromnachfrage bis 2030 durch sehr ambitionierte Energieeffizienzmaßnahmen in allen Sektoren merklich (KS 80) bzw. deutlich (KS 95) sinken muss, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Im KS 80 nimmt die Stromnachfrage aufgrund neuer Verbraucher (insbesondere Elektromobilität, aber auch zum Beispiel, Wärmepumpen.) bis 2050 jedoch wieder zu und erreicht so wieder das Niveau des Jahres 2010. Im KS 95 nimmt der Stromverbrauch bis 2050 sogar deutlich zu – trotz sehr ambitioniert angenommener Effizienzpolitik. Der Grund ist die für die Dekarbonisierung in anderen Sektoren erforderliche zusätzliche Nachfrage nach Strom (hier auch strombasierte Kraftstoffe).
- In beiden Szenarien erfolgt die Stromerzeugung im Jahr 2050 überwiegend auf Basis erneuerbarer Energien, wobei im KS 95 aufgrund der höheren Stromnachfrage im Jahr 2050 eine deutlich höhere installierte Leistung benötigt wird als im KS 80. Bereits im Jahr 2030 hat sich in beiden Szenarien der Stromerzeugungsmix sehr deutlich verändert, wobei Windkraft die wichtigste Stromerzeugungsquelle vor Photovoltaik ist.
- Bis 2020 orientiert sich in allen drei Szenarien der Zubau von Anlagen an den Technikkorridoren des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) und er verläuft noch bis 2030 sehr ähnlich, so dass auch die absolute erneuerbare Stromerzeugung folglich in allen drei Szenarien bis zu diesem Zeitpunkt ähnlich hoch ist (Abbildung 5-2). Unterschiede in den erneuerbaren Anteilen am Bruttostromverbrauch zwischen den Szenarien bis 2030 ergeben sich vor allem durch die unterschiedlichen Entwicklungen des gesamten Bruttostromverbrauchs.
- Im Rahmen der Dekarbonisierungsstrategie nimmt der Anteil fossiler Brennstoffe bis zum Jahr 2050 sehr stark ab, wobei im KS 80 noch etwas Erdgas und wenig Kohle eingesetzt wird und im KS 95 im Jahr 2050 keine Kohleverstromung mehr erfolgt. Aufgrund der ambitionierten Kohlepolitik halbiert sich im KS 80 die Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2030, während die Kohleverstromung im KS 95 bereits 2030 kaum noch eine Rolle spielt.
- Neue Kohlekraftwerke sind über die bereits im Bau oder Planung befindlichen Kapazitäten hinaus nicht erforderlich, ebenso keine zusätzlichen Tagebaue oder -Erweiterungen. Die Anwendung der Kohlenstoffdioxidabscheidung und -speicherung (CCS-Technik) wird im Kraftwerkbereich nicht benötigt.
- Import von Strom spielt im KS 80 im Jahr 2050 noch eine wesentliche Rolle, während der Import im KS 95 im Jahr 2050 unwesentlich ist. Im Jahr 2030 wird kein (KS 80) bzw. nur geringe Mengen (KS 95) Strom importiert.
- Es reicht nicht aus, die Stromerzeugung weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen, auch die übrige Energiewirtschaft muss weitgehend dekarbonisiert werden. Eine wichtige Stellschraube hier ist, erneuerbare Energien (beispielsweise Solarthermie) auch zur Versorgung mit Fernwärme zu nutzen.
Folgt: 2. Verkehr