Energieriese spaltet sich
„Schwerer Fall von Ideenklau“, schrieb Gabor Steingart im Handelsblatt-Morgenbriefing vom 02.12.2015. Eine „Verzweiflungstat“ nannte es Marlies Uken in der Zeit und fuhr fort: „Retten, was noch zu retten ist: RWE braucht Milliarden, um sein Überleben zu sichern. Jetzt werden die Gewinnbringer ins Schaufenster gestellt, um Investoren zu locken“. Vorher war die Gerüchteküche fast blitzartig hochgekocht.
Dann eine unerwartete Pressemitteilung: „Vorstand beschließt Bündelung der Geschäftsfelder Erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb in einer neuen Tochtergesellschaft und Platzierung von rund zehn Prozent im Wege eines Börsengangs“, ließ RWE-Chef Terium am späten Vormittag wissen. Der Aufsichtsrat wurde mehr oder weniger hektisch informiert, die endgültige Zustimmung zur weitreichenden Umstrukturierung steht noch aus.
Terium findet’s gut
„RWE baut den innovativen, dezentralen Energiekonzern der Zukunft: Erneuerbare, Netze und Vertrieb werden in neue Tochtergesellschaft überführt und an die Börse gebracht“ – so nannte die RWE-eigene Mitteilung den panikartigen Schritt, und weiter:
- „Neues Unternehmen mit eigenem Zugang zum Kapitalmarkt und voraussichtlichem Sitz in Essen stärkt den Gesamtkonzern – im Zuge einer Kapitalerhöhung werden gegen Ende des nächsten Jahres rund 10% des Aktienkapitals der neuen Gesellschaft am Markt platziert.
- Haftungsmasse für Rückstellungen bleibt unverändert; Kapitalmehrheit wird langfristig bei RWE bleiben; Konzern gewinnt mehr finanzielle Flexibilität mit Blick auf das Auslaufen der Kernenergie
- Mutterkonzern konzentriert sich auf die konventionelle Stromerzeugung und den Energiehandel
- Stärkung des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen als Zentrum der deutschen Energiewirtschaft
- Zustimmung des Aufsichtsrats der RWE AG steht noch aus“
„RWE überführt die erneuerbaren Energien, Netze und Vertrieb im In- und Ausland in eine neue Tochtergesellschaft und bringt sie an die Börse. Damit schafft das Unternehmen eine Wachstumsplattform mit eigenem Zugang zum Kapitalmarkt. Das stärkt die Zukunftsfähigkeit des Gesamtkonzerns. Die neue Tochtergesellschaft wird voraussichtlich gegen Ende des nächsten Jahres an der Börse eingeführt werden. Im Zuge einer Kapitalerhöhung sollen rund 10% des Aktienkapitals platziert werden. Zeitgleich oder nachfolgend können weitere Anteile an der neuen Gesellschaft veräußert werden. Die Erlöse dienen der Finanzierung des weiteren Wachstums in Zukunftsmärkten. Die Haftungsmasse wird nicht verändert – mit Blick auf den Ausstieg aus der Kernenergie gewinnt der RWE-Konzern jedoch mehr finanzielle Flexibilität bei der Bedienung der Rückstellungen. Die RWE AG wird langfristig Mehrheitsaktionär der neuen Gesellschaft bleiben und diese voll konsolidieren. Der Mutterkonzern wird sich auf die konventionelle Stromerzeugung und den Energiehandel konzentrieren. – Der Plan steht noch unter Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrats der RWE AG.“
‚Unser nächster logischer Schritt‘
‚Der Konzernumbau ist unsere Antwort auf den Umbau der europäischen Energielandschaft‘, sagt Terium. ‚Wir schaffen zwei zukunftsfähige Unternehmen unter einem Dach. Die neue Tochtergesellschaft mit eigenem Zugang zum Kapitalmarkt stärkt unsere Wachstumsperspektive. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass die konventionelle Stromerzeugung noch über Jahrzehnte als Partner der erneuerbaren Energien unersetzlich sein wird. Unsere konventionellen Kraftwerke sind die Rückversicherung der Erneuerbaren.‘
Terium weiter: ‚Wir haben RWE in den vergangenen drei Jahren zu einem finanziell stabileren, effizienteren und schnelleren Unternehmen gemacht, das näher an seine Kunden herangerückt ist. Wir gehen nun den nächsten logischen Schritt in unserem Transformationsprozess: Wir schaffen mit dem neuen Unternehmen eines der führenden innovativen Energieunternehmen Europas mit hoher Expertise im Management dezentraler Energiesysteme. In der neuen Struktur werden wir gleichermaßen unserer Verantwortung in der klassischen Energiewelt und den Bedürfnissen der Energiewelt von Morgen gerecht.‘
‚Wir stehen damit auch weiterhin zu unserer Verantwortung für die Kernenergie – die neue Struktur ändert daran nichts. Im Gegenteil, mit den Aktien der neuen Tochtergesellschaft haben wir in Zukunft sogar einen Vermögenswert, der uns noch besser in die Lage versetzt, bei Bedarf unsere Rückstellungen zu bedienen – in welcher Konstellation auch immer.‘
Folgt: Neue Gesellschaft wird drei starke Säulen haben