Brandalism hat nicht ganz unrecht, ihre Ansicht ist aber allzu einfach
Man kann sie immer noch sehen (hier), und sie sind sehenswert: Einige sind augenzwinkernd, einige schön und die meisten von ihnen geistreich in ihren ausgeklügelten Botschaften, indem sie unbequeme Wahrheiten enthüllen – und ein Paradoxon, das im Herzen der Pariser Gespräche liegt: Wirtschaft und Politik sind beides gleichzeitig, Problem und Lösung.
Von fast 200 Nationen wird im Rahmen der UN-Konferenz zum ersten Mal erwartet, dass sie ein globales Abkommen zum Kampf gegen den Klimawandel unterzeichnen. Es ist ein Prozess, der 1995 begonnen, aber noch nicht viel erreicht hat – die weltweiten Emissionen haben in dieser Zeit um 63 Prozent zugenommen – aufgrund von nationalen politischen und wirtschaftlichen Interessen.
Brandalism sagt, man wolle die Heuchelei und das Greenwashing von Unternehmen hinter den Gesprächen offenlegen, und darauf aufmerksam machen, dass diese zunehmend vom privatwirtschaftlichen Sektor dominiert werden. Da hat die Kunst-Guerilla-Gruppe zwar nicht ganz unrecht, ihre Ansicht ist aber insgesamt allzu einfach und zynisch.
Ganz schlicht geht es darum, über das Thema aufzuklären, sich dazu zu entscheiden, mit Bedacht zu konsumieren, wo immer möglich, Dinge wieder zu verwenden und zu recyceln, von verantwortungsbewussten Firmen zu kaufen und Regierungen zu wählen, welche die richtige Politik treiben.
Ja, es gibt Geschäftsinteressen bei den Gesprächen; aber im Laufe des vergangenen Jahrzehnts haben wir beträchtliche Fortschritte der Unternehmen bei der Bekämpfung des Klimawandels gesehen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung – ein Prozess, in dem Unternehmen nicht nur ihre Finanzergebnisse, sondern auch ökologische und soziale Auswirkungen zu berücksichtigen haben – hat weltweit zugenommen.
Eine wachsende Zahl von Unternehmen hat sich auch öffentlich Ziele gesetzt, um ihre Emissionen durch umfassende neue Geschäftskonzepte zu reduzieren – wie etwa die Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen so lange wie möglich nutzt: Unternehmen wie Ikea, Google, Microsoft, haben sich in der globalen RE100-Initiative verpflichtet, 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien zu nutzen, und beschleunigen so eine weltweite Dynamik, um die Unternehmens-Nachfrage nach Erneuerbaren Energien zu erhöhen.
Weltöffentlichkeit gleichzeitig Problem und Lösung
In den vergangenen eineinhalb Wochen war bei den Pariser Gesprächen zudem eine beispiellose Reihe von Unternehmenszusagen in Richtung Emissionssenkungen und Finanzierungsverpflichtungen für Nachhaltigkeitsprojekte zu sehen. Ob man es mag oder nicht, die Unternehmen sind ein integraler Bestandteil der Weltwirtschaft, und jede Lösung erfordert ihre Beteiligung. In der Tat ist die Weltöffentlichkeit ebenso Problem und Lösung gleichzeitig.
Viele Leute sagen, dass sie eine grünere, eine bessere Welt wollen – aber wie viele sind bereit, weniger zu kaufen, weniger zu reisen und das verschwenderische Konsumdenken aufzugeben, das inzwischen die Gesellschaft beherrscht?
„Notre philosophie: Vous n’avez pas besoin de savoir“ (Unsere Philosophie: Sie brauchen nicht zu wissen) – Foto © Barnbrook brandalism.org.uk
Bei der Recherche für diese Kolumne machte ich eine Meinungsumfrage unter einer großen Gruppe meiner Kollegen und fragte, ob sie verstanden haben, was der Klimawandel ist, und ob sie darüber besorgt seien. Die meisten antworteten, sie wüssten „vage“ darüber Bescheid, aber die Frage sei „super-langweilig“, und, nein, sie seien hinreichend besorgt, um vielleicht drei Absätze darüber zu lesen, aber nicht genug, um ihren Lebensstil zu ändern. Und darin liegt die größte Herausforderung. Der Klimawandel fordert kaum die Vorstellungskraft der Menschen heraus.
Erstens ist die Klimawissenschaft komplex – und seien wir ehrlich – unaufregend. Wir verlassen uns weitgehend auf Analysten, die uns komplizierte Informationen in verdauliche Informationsbröckchen übersetzen. Und dann sind die Ergebnisse freudlos und die Herausforderungen langfristig. Man sagt uns, wir müssen unsere globalen Systeme reformieren und unseren Lebensstil ändern, wenn wir eine globale Katastrophe verhindern wollen.