Tsunami-Energie abhängig vom Meeresboden

Kleine Höhenschwankungen bündeln Tsunamiwellen

Göttinger Max-Planck-Forscher haben festgestellt, dass der Höhenverlauf des Meeresbodens für die Vorhersage der Wellenausbreitung von Bedeutung ist. Tsunamis gehören zu den verheerendsten Naturkatastrophen. Obwohl die Seebeben, von denen sie meist ausgelöst werden, bisher nicht vorhersehbar sind, vergeht zwischen der Entstehung von Tsunamis und ihrem zerstörerischen Auftreffen auf Küsten kostbare Zeit, die man für Frühwarnungen nutzen könnte.

Die Genauigkeit, mit der die Ausbreitung von Tsunamiwellen vorherberechnet werden kann, hängt von der Zuverlässigkeit solcher Systeme ab. Forscher vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS) in Göttingen zeigen nun in ihrer Publikation „Random Focusing of Tsunami waves“ in Nature Physics, dass diese Genauigkeit sehr empfindlich davon abhängen kann, wie präzise man den Höhenverlaufs des Meeresbodens kennt.

Elektronenwellen, die sich in einem Halbleiterkristall ausbreiten und von schwacher Unordnung im Kristall nur leicht von ihrer geraden Laufrichtung abgelenkt werden, zeigen eine überraschende Aufspaltung des Stroms in verästelte räumliche Strukturen. Göttinger Forscher haben nun gezeigt, dass der gleiche Mechanismus, der zur Verästelung des Elektronenflusses im Mikrometer-(d.h. 1000tel Millimeter)-Bereich führt, auch die Ausbreitung von Tsunamiwellen auf 1000-Milliarden-fach größeren Längenskalen erfasst und zu starken, schwer vorhersagbaren Schwankungen der Tsunamihöhe führen kann.

Die Rolle der Unordnung im Kristall übernehmen bei Tsunamis die Schwankungen der Meerestiefe, d.h. unterseeische Berge und Täler. Dabei haben einzelne kleine Berge oder Täler haben verschwindenden Einfluss auf die Tsunamiwellen – jedoch können viele von ihnen, die durch ihre geologische Entstehungsgeschichte in einem räumlichen Zusammenhang stehen, zur Fokussierung der Tsunami-Energie um ein 10-faches führen, selbst wenn die Höhe der Gebirge nur wenige Prozent der Meerestiefe beträgt (Beispiel siehe Abbildung).

Zufällige Fokussierung von Tsunamiwellen erschwert Vorhersagen

„Wir stellen in unserer Untersuchung fest, dass schon Meerestiefenschwankungen, die kleiner sind als die Genauigkeit, mit der man heute die Meerestiefe großflächig kennt, zu solchen Fokussierungen führen können. Daher werden zukünftige, verlässliche Tsunamivorhersagen diesen Effekt berücksichtigen und die Auswirkungen der Ungewissheit in der Meerestiefe für jede einzelne Vorhersage statistisch abschätzen müssen,“ sagt Dr. Ragnar Fleischmann als Leiter der Göttinger MPIDS-Studie.

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