Mär von unbezahlbaren Strompreisen durch Erneuerbare entlarvt
Auch die Mär von den unbezahlbaren Strompreisen durch die Erneuerbaren ist längst als solche entlarvt. In den vergangenen beiden Jahren sind die Kilowattstundenpreise weniger stark gestiegen als die Löhne – somit ist Strom relativ gesehen sogar billiger geworden. Und ohnehin ist alle Larmoyanz fehl am Platze, wenn man die Langfristperspektive einnimmt: Gemessen am Lohn ist Strom heute nicht teurer als in den achtziger Jahren. Und damals waren Kohle und Atom noch groß im Geschäft, die angeblichen Billigheimer.
Lassen wir sie also in Zukunft ruhig schwätzen, die Nörgler und Zauderer; zu bedauern sind sie allenfalls ob ihrer Mutlosigkeit. Dazu zählen auch Leute, wie der einstige EU-Energiekommissar, der die Energiewende geradewegs in die „Deindustrialisierung Deutschlands“ münden sah. Doch auch dieser Spruch wurde im zu Ende gehenden Jahr 2015 von der Realität furios überrollt – von abermals neuen Rekorden der deutschen Exportwirtschaft. Man muss sich wohl dran gewöhnen, dass der Grünstrom Schwarzmaler hervorbringt.
Womit wir wieder bei der eingangs erwähnten Anzeige mit den maximal möglichen vier Prozent Ökostrom sind. Das war übrigens genau jene Menge, die seinerzeit durch die Wasserkraft gedeckt wurde. Was umgekehrt bedeutet: Der Windkraft und dem Solarstrom gaben „Ihre Stromversorger“ – so war die Anzeige damals unterschrieben – nicht ein einziges Prozent am deutschen Strommix. Nicht mal „langfristig“.
Heute haben die Firmen den Salat. Die Atom- und Kohlekonzerne pfeifen aus dem letzten Loch, während die angeblich so unfähigen Erneuerbaren von Rekord zu Rekord eilen. Und so schwenken nun auch die Großen um. Sie scheinen zu spüren: Es bringt einfach nichts, sich mit der Realität anzulegen.
Bernward Janzing ist freier Journalist mit dem Arbeitsschwerpunkt gesellschaftliche Entwicklungen im Grenzbereich zwischen Ökonomie, Ökologie und technischem Fortschritt. Seine Themenfelder: Energiewirtschaft und -technik, vor allem Erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft, Emissionshandel, nachhaltig orientierte Geldanlagen, Klimaschutz, Mobilität und Verkehr sowie Technikgeschichte. Er schreibt u.a. für die taz, Financial Times Deutschland, Handelsblatt, Frankfurter Rundschau und Badische Zeitung, für Die Zeit, VDI-Nachrichten, Spiegel und Stern. Jüngstes Buch: „Solare Zeiten“.
[note Gastbeiträge geben die Meinungen der Autorinnen und Autoren wieder. Erstveröffentlichung am 31.12.2015 in der Badischen Zeitung]
->Quelle: badische-zeitung.de/stromerzeugung-aus-kohle-und-gas-sinkt-auf-tiefpunkt