Branche im Aufwind
2015 war für die Windenergiebranche rekordverdächtig, denn die Anzahl der Windräder im Meer hat kräftig zugenommen. Dennoch ist schon absehbar, dass sich dieser Erfolg wohl nicht wiederholen lässt. Das verkündeten heute die Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie (AGOW), der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE), der Fachverband VDMA Power Systems, die Stiftung Offshore sowie der Windenergieagentur WAB im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz unter der Überschrift „Deutsche Offshore-Windindustrie 2015 und Ausblick 2016“ in Berlin.
Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von fast 2.3 MW gingen 2015 neu ans Netz. Das zeigt die Leistungsfähigkeit der deutschen Offshore-Windindustrie und entspricht den Anfang 2015 geäußerten Erwartungen. Dies wird aber vorerst ein einmaliger Rekord bleiben, denn er beruht auf Nachholeffekten durch die Netzanbindung, sagte der Verband wind-energie.de/windenergie-auf-see-deutschland-ausbauzahlen-2015.
2015 gingen in Deutschland so viele Offshore-Windparks ans Netz wie nie zuvor. Ein neuer Rekord, der im Wesentlichen jedoch auf Nachholeffekte zurückzuführen sei, so die Verbände. Denn einige Probleme beim Ausbau – beispielsweise Finanzierungsfragen einer recht teuren Netzanbindung, Haftungsfragen und auch die obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfungen – hätten dafür gesorgt, dass einige Anlagen erst 2015 angeschlossen werden konnten, die bereits vorher fertiggestellt gewesen seien. Die Branche ist dennoch mehr als zufrieden mit dem erreichten Zuwachs. Norbert Giese, Vorsitzender des Lenkungskreises Offshore-Windenergie beim Maschinenbauverband VDMA: „Wir liegen nun 2015 – nach einigen Jahren des Aufholens hierzulande – auf Position 2 nach dem Inselreich Großbritannien. Auch, weil wir viele Probleme aus der Vergangenheit im abgelaufenen Jahr gelöst haben. Wir haben 2015 in Deutschland 1,4 Prozent des verbrauchten Stromes bereits von der See aus produziert.“
Der Branche ist nach eigener Auskunft „ein verlässlicher, kontinuierlicher Ausbau als Basis für mehr Klimaschutz und Wertschöpfung langfristig wichtiger als einmalige Rekorde. Für Kontinuität müssen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 und der Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP) 2025 aufeinander abgestimmt werden.“
546 Offshore-Windenergieanlagen versorgen 1,4 Prozent der deutschen Bruttostromversorgung
2015 speisten 546 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 2.282,4 Megawatt in Deutschland erstmals ins Netz ein. Damit waren zum 31. Dezember 2015 insgesamt 792 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3.294,9 Megawatt am Netz. Weitere 41 Anlagen mit 246 Megawatt Leistung wurden vergangenes Jahr vollständig errichtet, warteten aber Ende 2015 auf See noch darauf, ans Netz angeschlossen zu werden. Weiter wurden 122 Fundamente errichtet, die der Installation der Windenergieanlagen in 2016 dienen werden. Diese Zahlen ermittelte die Deutsche WindGuard. Laut der AG Energiebilanzen wurden im Jahr 2015 auf See über 8 TWh Strom produziert. Dies entspricht dem Strombedarf von über 2 Millionen Haushalten oder etwa 1,4 Prozent der Bruttostromversorgung in Deutschland.
Kontinuierliches Ausbauvolumen: Basis für Technologieführerschaft und Export
Die Offshore-Windenergiebranche bewertet den ungewöhnlich hohen Zubau des zurückliegenden Jahres als Ausnahmeerscheinung. Das führt sie darauf zurück, dass es bei der Fertigstellung von Offshore-Netzanschlüssen seit 2013 zu Problemen und Verzögerungen kam, die sich erst im vergangenen Jahr auflösen konnten. Die Branche prognostiziert für 2016 einen Zubau von rund 700 Megawatt. Der Grundstein für einen nachhaltigen Heimatmarkt wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 gelegt. „Die Eckpunkte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) für das EEG 2016 nennen ein Ausbau-Zwischenziel von 11.000 Megawatt im Jahr 2025. Das würde einen jährlichen Zubau von knapp 700 Megawatt bedeuten. Jedoch erst ein kontinuierliches jährliches Ausbauvolumen von mindestens 900 Megawatt ab 2021 würde die Grundlage dafür bilden, die Kosten der Offshore-Windenergie zu senken, Wertschöpfung und Industrieproduktion in Deutschland zu sichern und langfristig einen wirkungsvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten“, so lautet die einhellige Branchenmeinung.
Ausschreibung angemessen gestalten und Netzausbau beschleunigen
Bei der konkreten Ausgestaltung des zukünftigen Ausschreibungssystems werde entscheidend sein, wie die Übergangs- und Startphase bis Mitte der 2020er Jahre aussehe. Sie müsse in Volumen, Häufigkeit und Dauer mit industriepolitischem Fingerspitzengefühl gestaltet werden. Dazu sei es nötig, die Übergangszeit auf mindestens vier Jahre festzulegen und in dieser Zeit mehr als eine Ausschreibung vorzunehmen. Problematisch bei der Gestaltung des Ausschreibungsdesigns für Windenergie auf See sei außerdem der angedrohte Entzug von Baugenehmigungen ohne angemessene Entschädigung. Dies würde die Rechtssicherheit für entwickelte Projekte in Frage stellen und die Planungssicherheit auch für künftige Investitionen stark einschränken. Um künftig starke Schwankungen beim Ausbau der Offshore-Windenergie mit Phasen des Stopps und Rekordjahren wie 2015 zu vermeiden, müsse zudem der Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP) 2025 den Offshore-Windenergie-Ausbau frühzeitig und ausreichend berücksichtigen. Der erste Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber für den O-NEP 2025 sei dazu mindestens an die Eckpunkte für das EEG 2016 anzupassen und sollte in puncto Netzkapazität Ausbauziele mit angemessenem Sicherheitspuffer berücksichtigen.
Verlässliche Ausbauziele für alle erneuerbaren Energien – BMWi-Formel abgelehnt
Die Offshore-Windenergiebranche steht an der Seite der Windindustrie an Land. Gemeinsam lehnen sie die Formel des BMWi ab, wonach die Ausbaumengen der Windenergie an Land zum volatilen Korrekturfaktor des Ausbaus der erneuerbaren Energien werden würden. Onshore-Windenergie würde mit der Formel gedeckelt, wenn andere Technologien, wie die Offshore-Windenergie, ihre Ziele erreichen. Sie verunsichert die Erneuerbaren-Branche stark. „Alle Technologien sind auf langfristige Planungsgrundlagen und verlässliche Zielvorgaben angewiesen“, betonen die fünf Branchen-Organisationen.
Internationale Vereinbarungen umsetzen
Die Ergebnisse der Klimakonferenz von Paris (COP 21), die eine konsequente Fortführung der Vereinbarungen zum Klimaschutz auf dem G20-Treffen in Elmau darstellen, müssen in künftige nationale Zielsetzungen eingehen. Die verbindliche Festlegung auf das 2-Grad-Ziel (und die ehrgeizige mögliche Reduzierung auf nur 1,5 Grad) erfordern einen weiteren konsequenten und ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Die Offshore-Branche kann einen wichtigen Beitrag leisten. Doch es ist die Bundesregierung, die hierfür mit der angekündigten EEG Novelle 2016 die Basis legen wird.
Anteil von zehn Prozent
Zusammen mit dem an Land produzierten Strom der Windräder kommt die Branche auf einen Gesamtanteil von rund zehn Prozent. Der Ausbau der Windenergienutzung erforderte bisher hohe Subventionen, die über die EEG-Umlage vom Stromkunden zu tragen sind. Nach langem Hin und Her gelten für Windräder an Land nun sogenannte Ausbaukorridore, es werden zudem Vergütungssätze für den produzierten Strom festgelegt. Auch im Bereich Offshore regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz die mittelfristigen Ausbauziele, doch VDMA-Experte Norbert Giese denkt bereits darüber hinaus.
->Quellen: