Energiewende
Eine weitere Großbaustelle bei einer nachhaltigen Umstrukturierung der Industrie – die Energiewende – wird von der IG Metall unterstützt. Deutschland hat die Kapazitäten und die Fähigkeiten, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Mehr noch: Die IG Metall sieht große Chancen für neue Märkte im Bereich der alternativen Energieerzeugung sowie für energieeffiziente Produkte, Maschinen und Anlagen. Im Endeffekt wird hierdurch eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze entstehen – eine Entwicklung, die jetzt schon zu erkennen ist. Andererseits ist nicht zu leugnen, dass es auch Verlierer der Energiewende geben kann.
Ein wirklich grundlegender Kurswechsel für einen sozialökologischen Umbau der Industrie steht noch aus. Die ökologische Krise gewinnt an Brisanz, und mittlerweile ist es sehr zweifelhaft, ob der unabänderliche Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde auf plus 2° C begrenzt werden kann, denn der [[CO2]]-Ausstoß steigt weltweit unvermindert weiter. Schon werden in neuen Szenarien 4 bis 5° C prognostiziert – mit nicht mehr beherrschbaren katastrophalen Folgen für die Menschheit Die bisherigen internationalen Vereinbarungen zur Reduzierung des Ausstoßes von [[CO2]] sind zu unverbindlich und erweisen sich zunehmend als unrealistisch. Deshalb hat sich der industriepolitische Handlungsdruck nicht nur in Deutschland, sondern auch global enorm erhöht. Ein rasches Umsteuern in Richtung einer ökologischen Nachhaltigkeit ist deshalb erforderlich. Neben umweltfreundlichen Formen der Energieerzeugung impliziert dieses zugleich eine größere Energie- und Ressourceneffizienz sowie intelligente Mobilitätskonzepte. Beides ist angesichts einer sich abzeichnenden Knappheit der endlichen Ressourcen nicht nur aus klimapolitischen Gründen notwendig.
Damit ist nun keineswegs eine Absage an weiteres wirtschaftliches Wachstum verbunden. Angesichts der Armut und der wirtschaftlichen Probleme in weiten Teilen der Welt wäre eine solche Forderung nahezu absurd. Vielmehr geht es um ein qualitatives Wachstum. Es geht um die Realisierung eines ressourceneffizienten, nachhaltigen Entwicklungspfades, der der wachsenden Weltbevölkerung ein gutes Leben und eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen ermöglicht. Voraussetzung dafür ist ein grundlegender Umbau unserer Industriegesellschaft, der uns in den nächsten 50 Jahren gelingen muss.
Im Kontext der fortschreitenden Globalisierung hat sich das Shareholder-Value-Prinzip immer stärker durchgesetzt. Heute steuern direkt und indirekt internationale Finanzmarktakteure mehr und mehr das Unternehmensgeschehen. Kurzfristige Renditeüberlegungen haben den Vorrang vor einer langfristig gesteuerten Unternehmensentwicklung. Für die Beschäftigten ist diese Entwicklung mit negativen Konsequenzen wie zum Beispiel einer Zunahme prekärer Beschäftigung verbunden.
Angesichts dieser Entwicklung gewannen auf der wirtschaftspolitischen Ebene „neoliberale“ Konzepte an Bedeutung: Die sogenannten Hartz-Reformen unterstützten die Zunahme prekärer Beschäftigung. Die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, der Abbau von Sozialleistungen sowie die Reduzierung öffentlicher Investitionen dominierten somit die Strategien zur Bewältigung krisenhafter Entwicklungen und zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Austeritätskonzepte und „Low Road“ sind in der neoliberalen Politik „angesagt“ – mit den in Europa bekannten negativen Folgen von hoher Arbeitslosigkeit, geringerer Arbeitsplatzsicherheit und reduzierter sozialer Absicherung sowie einer zunehmend ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilung.
Last but not least werden die Folgen der demografischen Entwicklung immer deutlicher. Hier zeichnen sich erhebliche Probleme und Herausforderungen ab. Stütze des deutschen Industriemodells sind hoch motivierte und qualifizierte Beschäftigte. Es sind nicht nur die Ingenieure, die Facharbeiterinnen und Facharbeiter, sondern auch die un- und angelernten Arbeitskräfte, die für die Erfolge der Industrie stehen. Angesichts fehlenden Nachwuchses aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge und bereits heute schon überalterter Belegschaften ergibt sich ein erheblicher Handlungsdruck Die Bildungsreserven müssen erschlossen werden, das duale Bildungssystem und die sogenannten MINT-Fächer attraktiver gemacht werden. Zugleich sollten ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine Politik der Guten Arbeit die Chance erhalten, bis zum Erreichen des Rentenalters zu arbeiten. Einmal mehr zeigt sich: Ohne die Verknüpfung mit einer wirksamen Arbeits-, Bildungs- und Qualifikationspolitik ist Industriepolitik zum Scheitern verurteilt.
Folgt:„Gute Industriepolitik“ braucht Partner in Politik und Gesellschaft