Der Markt soll es (wieder einmal) richten

Entwurf des Strommarktgesetzes

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Strommarktgesetzes (18/7317) im Bundestag eingebracht. Damit sollen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, „um die Stromversorgung volkswirtschaftlich kosteneffizient und umweltverträglich weiterzuentwickeln sowie die Versorgungssicherheit bei der Transformation des Energieversorgungssystems zu gewährleisten“. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, will die Bundesregierung eine Kapazitätsreserve einführen. Weiter würden dazu die Maßnahmen des Weißbuches umgesetzt, und die „rechtlichen Rahmenbedingungen für die Stromversorgung weiterentwickelt und optimiert“. Schließlich müsse der Markt dafür sorgen, dass stets so viel Strom ins Netz eingespeist wie entnommen werde und der Stromsektor zur Erreichung der nationalen Klimaziele beitragen. (Solarify dokumentiert).

  1. Die bestehenden Mechanismen des Strommarktes werden gestärkt. Sie sorgen insbesondere dafür, dass der weiterentwickelte Strommarkt („Strommarkt 2.0“) die Ziele der Energiewende und Versorgungssicherheit zu minimalen volkswirtschaftlichen Kosten gewährleistet. Der Kern eines weiterentwickelten Strommarktes ist das Preissignal. Denn über die Strompreise können sich am Strommarkt die benötigten Kapazitäten refinanzieren. Dabei sollen Marktpreissignale möglichst unverzerrt wirken. Dazu werden in das  Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Ziele und Grundprinzipien des weiterentwickelten Strommarktes aufgenommen. Die Regelungen sichern die freie wettbewerbliche Preisbildung ab und lassen Preisspitzen an den Strommärkten zu.
  2. Die Regelungen zur Bilanzkreisbewirtschaftung und zum Ausgleichsenergiesystem werden als zentrales Instrument für eine sichere Stromversorgung weiterentwickelt. Dazu werden das EnWG und die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) geändert. Die Bilanzkreisverantwortlichen werden stärker dazu angehalten, ihre Bilanzkreise für jede Viertelstunde ausgeglichen zu halten.
  3. Um bestehende Kapazitäten kosteneffizienter und umweltverträglicher einzusetzen, werden Eintrittsbarrieren für Anbieter von Lastmanagementmaßnahmen und Erneuerbare-Energien-Anlagen im Regelleistungsmarkt abgebaut; dadurch wird der Einsatz von Flexibilitätsoptionen erleichtert. Ladesäulen für Elektromobile werden erstmals energierechtlich klar eingeordnet, um Rechts- und Investitionssicherheit für den Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur zu schaffen. Ziel ist es, die Flexibilitätspotenziale der Elektromobilität bestmöglich zu nutzen und die Möglichkeit zu schaffen, Marktpreissignale weiterzugeben.
  4. Die Kosten des Netzausbaus werden durch eine effizientere Netzplanung reduziert. Durch Anpassung des EnWG und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2014) kann die Abregelung von Erneuerbare-Energien-Anlagen in Zeiten hoher Stromeinspeisung bei der Netzausbauplanung berücksichtigt werden. Dadurch werden die Netzausbaukosten verringert. Um die Netzausbaukosten auch transparent und gerecht zu verteilen, werden die vermiedenen Netzentgelte für Betreiber von dezentralen Anlagen, die ab 2021 in Betrieb gehen, abgeschafft.
  5. Ferner wird die Transparenz im Strommarkt erhöht. Transparente und aktuelle Strommarktdaten können effiziente Erzeugungs-, Verbrauchs- und Handelsentscheidungen fördern. Wesentlich sind insbesondere die Einrichtung einer nationalen Informationsplattform sowie die Einrichtung eines zentralen Marktstammdatenregisters.
  6. Um die Versorgungssicherheit auch unter veränderten Bedingungen am Strommarkt zu gewährleisten, wird eine Kapazitätsreserve eingeführt. Die Reserve dient der Absicherung des Strommarktes. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit kommt die Reserve zum Einsatz, wenn trotz freier Preisbildung an der Strombörse kein ausreichendes Angebot existiert, um einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu er-möglichen. Dazu werden Erzeugungskapazitäten außerhalb des Strommarktes vorgehalten und bei Bedarf eingesetzt. Weiterhin werden die Regelungen der Netzreserve über den 31. Dezember 2017 hinaus verlängert und die Regelungen zur Kostenerstattung angepasst. In der Netzreserve werden seitens der Betreiber zur Stilllegung vorgesehene, aber systemrelevante Kraftwerke zur Überbrückung von Netzengpässen außerhalb des Strommarktes vorgehalten.
  7. Um gleichzeitig das nationale Klimaschutzziel für 2020 zu erreichen, werden ab 2016 Braunkohlekraftwerke schrittweise aus dem Markt genommen und vorläufig stillgelegt. Dies betrifft Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von 2,7 Gigawatt; dies entspricht 13 Prozent der gesamten in Deutschland installierten Braun-kohlekraftwerkskapazität. Für jeweils vier Jahre kann auf die Kraftwerke als letzte und befristete Absicherung der Stromversorgung zurückgegriffen werden, wenn es wider Erwarten trotz freier Preisbildung am Strommarkt nicht zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage kommt, z. B. bei nicht vorhersehbaren extremen Wettersituationen. Nach Ablauf dieser vier Jahre in der Sicherheitsbereitschaft werden die Braunkohlekraftwerke endgültig stillgelegt. Durch den Betrieb in der Sicherheitsbereitschaft und die anschließende Stilllegung werden die Kohlendioxidemissionen im deutschen Stromsektor substantiell verringert.
  8. Schließlich wird das Monitoring der Versorgungssicherheit aufgrund ihrer zentralen Bedeutung verbessert. Der Bericht zur Versorgungssicherheit an den Strommärkten erscheint mindestens alle zwei Jahre und be-trachtet Deutschland auch im Kontext der europäischen Strommärkte. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass sich aus der zunehmenden Einbindung des Strommarktes in die europäischen Strommärkte reale Synergien ergeben, wie die beiden ersten regionalen Versorgungssicherheitsberichte des Pentalateralen Energie-Forums und von consentec/r2b gezeigt haben: Im regionalen Verbund lassen sich Lastspitzen und Erzeugungskapazitäten viel besser ausgleichen, so dass insgesamt weniger Erzeugungskapazitäten benötigt werden.

Am Schluß der begründenden Vorbemerkung zum Gesetzentwurf heißt es: „Unmittelbare Auswirkungen auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau oder das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.“ Mal sehen… meint Solarify.

Bundesrat will Rahmenbedingungen für Energiespeicher verbessern

Der Bundesrat betonte in seiner Stellungnahme die grenzüberschreitend zu betrachtende Bedeutung der Versorgungssicherheit – wörtlich: „Daher begrüßt er ausdrücklich die von der Bundesregierung initiierten Gespräche mit den angrenzenden Nachbarländern sowie Norwegen und Schweden, um Kapazitäten aus dem europäischen Verbund für Deutschland einzuplanen“. Außerdem verlangen die Bundesländer eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Betrieb von Energiespeichern.

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