Belgische AKW Anlass zur Sorge – Aachen klagt

Avaaz schlägt Alarm – BMUB unterrichtet Bundestags-Umweltausschuss

„Atomexperten sind besorgt“, alarmierte das Kampagnennetzwerk Avaaz am 28.01.2016 Anhänger und Unterstützer. Belgien habe „zwei uralte, brüchige Atomkraftwerke reaktiviert, die im Herzen Europas ein weiteres Tschernobyl-Desaster auslösen könnten“. Es sei von verdächtigem weißen Gas, einem Brand, einer Explosion und 16.000 Rissen die Rede gewesen. (Solarify berichtete). Zwei Tage zuvor hatte das BMUB den Bundestags-Umweltausschuss unterrichtet. Derweil kündigte die Region Aachen eine Klage an, mit niederländischer Hilfe.

In den Grenzregionen Deutschlands und der Niederlande rege sich Bürgerprotest. „Ein Atominferno in einem so überbevölkerten Gebiet würde Millionen in Deutschland und der EU betreffen.“ Belgien setze sich und seine Nachbarn „der Gefahr eines weiteren Tschernobyls aus“.

Betreiber Electrabel hütet Betriebsgeheimnisse

Bei der Bewertung der Situation in den AKW Doel und Tihange verfüge Bundesregierung sowohl über alle öffentlichen als auch die wissenschaftlich-technischen Informationen über Rissbildungen und Werkstoffverhalten. Das sagte der BMUB-Vertreter zwei Tage vorher, am 26.01.2016, vor dem Umweltausschuss. Dagegen blieben die Analysen und Bewertungen, die der Betreiber Electrabel selber vorgenommen habe, als Betriebsgeheimnisse unbekannt.

Die 2012 bei einer Ultraschalluntersuchung gefundenen Risse seien 2014 bei einer genaueren Untersuchung unverändert vorgefunden worden. Der Ministerialbeamte fügte hinzu, die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC habe die vom Betreiber Electrabel vorgelegten Ergebnisse, wonach die Risse nicht größer geworden seien, als verständlich bewertet. Die FANC habe am 11. und 12.01.2016 in Brüssel einen internationalen Work-Shop für Sicherheitsbehörden zur Situation der Kernreaktoren in Doel 3 und Tihange 2 durchgeführt. Um zu weitergehenden Erkenntnissen zu gelangen, habe sich das Ministerium mit einigen Fragen an die FANC gewandt, bislang aber noch keine Antworten erhalten. Man sei im Ministerium aber dennoch froh, dass die FANC weitere bilaterale Gespräche zugesagt habe.

Aus einem Bericht vom ARD-Energieexperten Jürgen Döschner auf tagesschau.de: „Die Bundesregierung hat nach wie vor erhebliche Zweifel an der Sicherheit der belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3. In einem Bericht, der dem WDR vorliegt, wirft die Bundesregierung der Atomaufsicht in Brüssel zudem vor, Informationen zurückzuhalten. Auch ein internationales Arbeitstreffen von Sachverständigen und Atomaufsichtsbehörden aus Belgien und Deutschland Anfang Januar in Brüssel konnte diese Zweifel nicht ausräumen. In einem bislang unveröffentlichten Bericht stellt das Bundesumweltministerium nach dem Treffen fest: Die Bewertung der Sicherheit von Tihange 2 und Doel 3 liege zwar in der Zuständigkeit der belgischen Atomaufsicht, aber man werde ‚alle Kanäle […] nutzen, um der belgischen Regierung die deutsche kritische Haltung zu vermitteln und die deutsche Besorgnis über den fortgesetzten Betrieb der Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 zum Ausdruck zu bringen.'“

Auf Nachfrage der Abgeordneten erläuterte der Ministeriumsvertreter, das von den belgischen Behörden unterbreitete Inspektions-Angebot nicht als Überprüfung zu verstehen sei. Bei einer „Inspektion“ dürfe man sich gemeinsam mit der belgischen Atomaufsicht einen Teil der Anlage an-, nicht aber in sie hineinsehen.

Die Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) mahnte eine Versachlichung der Diskussion an. Im Zuge der Harmonisierung könne Deutschland anderen Staaten nicht die eigenen Schutzstandards vorschreiben. Außerdem wolle das Umweltministerium Antworten der Sicherheitsbehörden anderer Staaten bekommen. Diese könne man aber leider nicht erzwingen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), so die Staatssekretärin weiter, lasse aber nicht locker und wolle ein Gespräch mit dem zuständigen belgischen Innenminister führen. (hib/HAU)

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