Deutsche Wirtschaftsminister präsentieren Plan – Linke: „Rohrkrepierer“ – Canzler: „Überkommenes Wachstumsmodell“
Die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern haben am 27.01.2016 in Stuttgart einen Modernisierungspakt für Deutschland 2025 vorgestellt. „Deutschland hat das Zeug dazu, weiter zu wachsen. Dafür brauchen wir ein neues, solides Fundament“, so der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid. Themenbereiche des Pakts: Digitalisierung, Breitbandausbau, Familienarbeitszeit, einen rechtlichen Anspruch auf Rückkehr in den vorherigen Umfang einer Beschäftigung nach einer Teilzeitbeschäftigung und eine weitere Verbesserung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten – und: ein Bürokratiemoratorium für Gründer.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Nils Schmid, Anke Rehlinger (Saarland), Olaf Lies (Niedersachsen), Albrecht Gerber (Brandenburg) sowie Wolfgang Tiefensee (Thüringen) hatten gemeinsam mit weiteren Wirtschaftsministern der Länder ihre Ideen und Impulse für die Bereiche Arbeit, Integration und Qualifizierung, Investitionen in die Zukunft, digitale Industriepolitik, Energiewende als Treiber wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, Europäisierung und Internationalisierung zusammengefasst.
„Deutschlands Wirtschaft steht hervorragend da. Das Wirtschaftswachstum ist im europäischen Vergleich überdurchschnittlich, die Arbeitslosenquote ist niedrig, die Reallöhne steigen. Doch unser Wohlstand wird nicht nur von der inneren Stärke der deutschen Volkswirtschaft getragen, sondern er ist in hohem Maß von externen Faktoren bestimmt. Wenn wir auch in den kommenden Jahren noch gut und sicher leben wollen, müssen wir heute Reformen anpacken und den enormen Modernisierungsstau in unserem Land beheben“, sagte Bundeswirtschaftsminister Gabriel.
Interessanterweise wird der Pakt nicht auf der Internetseite des BMWi veröffentlicht, obwohl Gabriels Ministerium im Titel figuriert, sondern nur auf der Seite der Stuttgarter Regierung – dort ist bald Wahl.
Zeit für langfristige Strategien – „Digitalisierungsmilliarde“
Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid sieht durch den Modernisierungsstau mittel- und langfristig die Zukunftsfähigkeit des Landes, des Standorts und der Gesellschaft bedroht. Deshalb sei es jetzt an der Zeit für langfristige Strategien – unter anderem für Ausgaben für Innovation. „Ein zentrales Feld für Innovation ist die Digitalisierung, die sowohl für Unternehmen als auch für die Belegschaften einen entscheidenden Wandel darstellt“, so Schmid. „Wir müssen sicherstellen, dass die gesamte Wirtschaft die Chancen der Digitalisierung nutzen kann. Deshalb müssen wir vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie das Handwerk dabei unterstützen.“ Dafür setzen sich die beteiligten Wirtschaftsminister für eine „Digitalisierungsmilliarde“ ein. „Auf diese Weise könnten Bund und Länder in den kommenden Jahren jeweils 350 Millionen Euro jährlich für die digitale Innovation des Mittelstands mobilisieren“, erläuterte Schmid. Unter anderem soll in jedem Bundesland ein Kompetenzzentrum errichtet werden.
Im Bereich der Zukunftsinvestitionen sieht der Modernisierungspakt zusätzliche Mittel vor allem für den Breitbandausbau durch eine Glasfaser-Strategie mit klaren Ausbauzielen bis 2025 und für die Verkehrswege wie das Bundesfernstraßennetz und die Häfen vor. Um Gründerinnen und Gründer zu unterstützen, wird ein Wagniskapitalgesetz gefordert. Außerdem schlagen die Ministerinnen und Minister ein Bürokratiemoratorium für Gründer im ersten Jahr ihrer Unternehmensgründung vor.
Als Impulse im Bereich Arbeit, Integration und Qualifizierung nennen sie die Familienarbeitszeit, einen rechtlichen Anspruch auf Rückkehr in den vorherigen Umfang einer Beschäftigung nach einer Teilzeitbeschäftigung und eine weitere Verbesserung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Zudem müsse die Finanzierung von Bildung in allen Bereichen gestärkt werden.
Mit großen Chancen verbunden ist nach Ansicht der Ministerinnen und Minister die Energiewende. „Die Energiewende verändert regional und strukturell die Wertschöpfung in Deutschland“, heißt es im Perspektivpapier. Sie müsse ökologisch wie auch ökonomisch zum Erfolg führen. „Damit die Fördersummen sinken und wir die Energiekosten im Rahmen halten, wollen wir mehr Wettbewerb – auch für die erneuerbaren Energien“, betonte Schmid. Gemeinsam fordern die Ministerinnen und Minister ein Energiesteuer-Entlastungsgesetz, das den Kostendruck durch steigende Energiekosten für sozial Schwache genauso begrenzt wie für Unternehmen, die im harten Wettbewerb stehen.