EDF-Skandalchronik von Greenpeace-Energy

Vor Investitionsentscheidung über Hinkley Point C

Kurz vor der Entscheidung des französischen Energiekonzerns Electricité de France (EDF) über milliardenschwere Investitionen in das geplante britiische Atomkraftwerk Hinkley Point C hat der deutsche Ökstromanbieter Greenpeace Energy ein Dossier zu bisherigen Fehlleistungen des Konzerns veröffentlicht. Das Papier dokumentiert zahlreiche öffentlich gewordene AKW-Unfälle, Unregelmäßigkeiten und Skandale bei der EDF und seiner britischen Tochter EDF Energy und wirft ein Licht auf die zu erwartende Zuverlässigkeit in Bezug auf das britische AKW. Gleichzeitig meldet die EDF einen gewaltigen Gewinneinbruch.

AKW Cruas mit spielendem Kind auf dem Kühlturm, Rhone - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

AKW Cruas mit spielendem Kind auf dem Kühlturm, Rhone – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Danach hat der Konzern mehrere schwere Störfälle in seinen AKW zu verantworten, investierte offenbar zu wenig in die Sicherheit seiner Anlagen und spionierte in der Vergangenheit politische Gegner aus. „Ein umsichtig agierendes Unternehmen, dem man die Energiezukunft eines Landes anvertraut, stellen wir uns anders vor“, sagte Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Der EDF-Konzern will bald darüber entscheiden, ob er in den Bau des britischen AKW Hinkley Point C investieren will oder nicht. Bisher existieren nur Absichtserklärungen. Die mehrmals verschobene offizielle Entscheidung ist Bedingung für milliardenschwere Subventionen, die der britische Staat dem Konzern gewähren will. Greenpeace Energy klagt gemeinsam mit neun weiteren Unternehmen gegen dieses Subventionspaket, weil es den Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt zu Lasten der Erneuerbaren verzerrt (siehe solarify.eu/greenpeace-energy-klagt-gegen-britische-atombeihilfen). Auch Österreich, unterstützt von Luxemburg, hat vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg geklagt. Beide Verfahren laufen.

Die EDF ist an dem etwa 23 Milliarden Euro teuren Kraftwerksprojekt zu rund zwei Dritteln beteiligt. Das restliche Drittel soll der chinesische Atomkonzern China General Nuclear Power Group (CGN) übernehmen. Sie hat allerdings angekündigt, weitere Beteiligungen von umgerechnet sechs Milliarden Euro bei privaten Investoren einsammeln zu wollen. Zugleich gibt es gravierende technische Mängel an dem für Hinkley Point C verwendeten Reaktordruckbehälter. Eine Entscheidung der französischen Atomaufsicht mit möglichen Konsequenzen für die Betriebsgenehmigung des Druckbehälters steht noch aus.

Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten befindet sich der EDF-Börsenkurs bereits seit Monaten im Sinkflug. Große Ratingagenturen haben angekündigt, die Bonität der EDF abzusenken, sollte das Unternehmen tatsächlich in Hinkley Point C investieren. Auch französische Gewerkschafter hatten den Konzern in der vergangenen Woche vor den „finanziellen, industriellen und juristischen Risiken“ des Projektes gewarnt.

[note 68 Prozent minus – Frankreichs Versorger EDF bricht der Gewinn weg: Wie Börse Online unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Reuters meldete, verhageln hohe Abschreibungen und Rückstellungen dem französischen Versorger EDF die Bilanz. So sei der Nettogewinn 2015 um erschreckende 68 Prozent auf 1,19 Milliarden Euro eingebrochen, habe sich das staatlich dominierte Unternehmen am 16.02.2016 mitzuteilen gezwungen gesehen. Abschreibungen habe es unter anderem auf Geschäftsaktivitäten in Großbritannien, Italien, Polen und Belgien gegeben. Zudem sei zusätzliches Geld für Netzerneuerungen und die Atommüll-Lagerung zurückgelegt worden. EDF-Chef Levy habe eine baldige Entscheidung über das mehr als 23 Milliarden Euro teure AKW Hinkley Point C angekündigt: Eben würden letzte Einzelheiten mit dem chinesischen Partner ausgehandelt… (nach boerse-online.de)]

„Im EDF-Konzern sollten bei diesem AKW-Projekt inzwischen sämtliche Warnlampen blinken“, sagt Sönke Tangermann, „das Management muss angesichts der Risiken endlich seine Pläne für das unwirtschaftliche und riskante Atomprojekt Hinkley Point C begraben, zumal es saubere, sichere und kostengünstigere Alternativen gibt.“ In der vergangenen Woche habe Greenpeace Energy in einer wissenschaftlichen Studie gezeigt, dass sich Hinkley Point C deutlich günstiger durch Windstrom und die Speichertechnik Windgas ersetzen lasse: Ein solches Versorgungssystem würde die britischen Steuerzahler rund sieben Milliarden Euro weniger kosten als die gesamten Subventionen für Hinkley Point C.

[note Hinkley Point C soll 2025 ans Netz gehen. Die britische Regierung will mit dem geplanten Atomkraftwerk die Versorgungssicherheit des Landes sicherstellen und hat den AKW-Investoren für die Laufzeit von 35 Jahren eine garantierte Einspeisevergütung von umgerechnet 120,51 Euro für jede in Hinkley Point C produzierte Megawattstunde versprochen. Das sind rund 40 Prozent mehr, als z.B. ein neuer Windpark in Deutschland an Vergütung erhält. Laut Berechnungen des Berliner Analyseinstituts Energy Brainpool summiert sich die Garantie-Vergütung für Hinkley Point C über die Förderlaufzeit von 35 Jahren unter Berücksichtigung der Inflation auf rund 108 Milliarden Euro.

->Quellen: