Meeresspiegelanstieg künftig keine einzelne Zahl sondern Spanne
Der Meeresspiegelanstieg der Zukunft kann nicht auf eine einzelne Zahl heruntergebrochen werden, er wird durch eine Spanne ausgedrückt, die zunächst vielleicht groß erscheint. „Diese Spanne ermöglicht uns eine Risikoabschätzung“, sagt Ben Marzeion von der Universität Bremen. „Küstenplaner sollten sowohl vernünftige Einschätzungen zum schlimmsten wie auch zum günstigsten möglichen Fall haben, um Chancen und Kosten abwägen zu können. Die beste verfügbare Wissenschaft wird nun zusammengeführt, um gemeinsame Unsicherheitsspannen von künftigem Meeresspiegel zu bestimmen. Treibhausgase zu reduzieren gibt uns die Möglichkeit, eine weitere Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs zu verhindern.“
Meeresspiegel in 3.000 Jahren nie schneller gestiegen als im vergangenen Jahrhundert
Die Studie zum künftigen Meerespiegelanstieg wird durch eine weitere Studie zum Meeresspiegelanstieg der Vergangenheit gestützt: beide liefern fast identische Meeresspiegelabschätzungen für das 21. Jahrhundert. Außerdem überlappen sich die neuen Schätzungen mit den Ergebnissen im jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC.
„Unsere Studie ist für den Meeresspiegel so etwas wie die berühmte ‚Hockeyschläger-Kurve‘ für die globale Temperatur“, sagt Stefan Rahmstorf, Ko-Autor des Artikels zum Meeresspiegelanstieg der Vergangenheit und Ko-Leiter des PIK-Forschungsbereichs Erdsystemanalyse. „Wir können bestätigen, was frühere und lokalere Meeresspiegeldaten schon nahegelegt haben: In den vergangenen Jahrtausenden ist der Meeresspiegel nie schneller angestiegen als im letzten Jahrhundert.“ Auf der Basis dieser Analyse vergangener Jahrtausende natürlicher Meeresspiegelschwankungen konnte die neue Studie abschätzen, wie stark menschliche Aktivitäten zum modernen Meeresspiegelanstieg beigetragen haben: Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wurde mehr als die Hälfte des Meeresspiegelanstiegs im 20. Jahrhundert vom Menschen verursacht – möglicherweise sogar der gesamte Anstieg.
Die Bestätigung früherer Annahmen ist – so wenig spannend das zunächst klingen mag – für den Fortschritt wissenschaftlicher Erkenntnisse unerlässlich. „Auf der Basis dieser Analyse einer weltweiten Datenbank regionaler Meeresspiegel-Rekonstruktionen können wir nun den Effekt in einer noch nie dagewesenen Robustheit aufzeigen“, so Rahmstorf. „Die neuen Meeresspiegeldaten bestätigen erneut, wie ungewöhnlich unser Zeitalter der globalen Erwärmung durch Treibhausgas-Emissionen ist. Und sie zeigen, dass der Meeresspiegelanstieg als eine der gefährlichsten Klimafolgen bereits in vollem Gang ist.“
->Quellen:
- pik-potsdam.de/meeresspiegelanstieg-in-vergangenheit-und-zukunft
- Artikel zum vergangenen Meeresspiegelanstieg: Kopp, R.E., Kemp, A.C., Bittermann, K., Horton, B.P., Donnelly, J.P., Gehrels, W.R., Hay, C.C., Mitrovica, J.X., Morrow, E.D., Rahmstorf, S. (2016): Temperature-driven global sea-level variability in the Common Era. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) [DOI: 10.1073/pnas.1517056113]
- Artikel zum künftigen Meeresspiegelanstieg: Mengel, M., Levermann, A., Frieler, K., Robinson, A., Marzeion, B., Winkelmann, R. (2016): Future sea-level rise constrained by observations and long-term commitment. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) [DOI: 10.1073/pnas.1500515113]
- Weblink zum Quellcode für das Werkzeug zur Abschätzung zukünftigen Meeresspiegelanstiegs: https://github.com/matthiasmengel/sealevel