Prozesswärme für die Industrie: Einsatz erneuerbarer Technologien abhängig von Temperaturanforderungen
Dem Wärmesektor kommt bei der nachhaltigen Umgestaltung des Energiesystems eine zentrale Rolle zu – er wird aber ebenso wied er Verkehr bisher unterbewertet. Dabei macht die Erzeugung von Wärme für Industrie, Haushalte sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fast die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs in der EU aus – könnte der mittels Erneuerbarer Energien gedeckt werden?
Mehr als ein Drittel davon benötigt die Industrie, größtenteils für Prozesswärme, aber auch für Raumwärme und Warmwasser. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben in einer Studie untersucht, welche Temperaturanforderungen für industrielle Prozesswärme in Europa vorliegen. Anhand dieses Datensatzes kann dann analysiert werden, inwieweit sich der industrielle Prozesswärmebedarf in den 28 Ländern der EU langfristig durch erneuerbare Energien decken lässt.
Wissen über erforderliche Temperatur wichtig
Für die Studie betrachteten die DLR-Energieforscher im Detail den Prozesswärmebedarf unterteilt nach Temperaturbereichen. „Diese Differenzierung ist insbesondere bei der Prozesswärme entscheidend, weil die meisten erneuerbaren Technologien Wärme nur bis zu einer gewissen Temperatur bereitstellen können“, erklärt Dr. Tobias Naegler von der Abteilung Systemanalyse und Technikbewertung des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik in Stuttgart.
Während zur Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser Wärmequellen mit Temperaturen unter 100 Grad Celsius in der Regel genügen, reicht das Spektrum für industrielle Prozesswärme bis weit über 1.000 Grad. Dabei dominiert in Europa der Hochtemperaturbereich jenseits der 500 Grad, wie er beispielsweise in Prozessen der chemischen Industrie, der Stahlindustrie oder bei der Zementherstellung benötigt wird. Dieser Hochtemperaturbereich macht mehr als 50 Prozent des industriellen Wärmebedarfs aus.
Eingesetzte Technologie abhängig vom Temperaturbereich
Um Wärme aus erneuerbaren Ressourcen zu erzeugen, steht ein breites Spektrum an Technologien zur Verfügung. Viele haben allerdings technologisch bedingte Obergrenzen hinsichtlich der maximal erzielbaren Temperatur. Beispielsweise ist die Nutzung von Umweltwärme in Wärmepumpen derzeit auf ein Niveau von unter 100 Grad begrenzt.
Hydrothermale Geothermie, also die Wärmegewinnung aus Thermalwasser oder hydrothermalen Dampfvorkommen, liegt geologisch bedingt und abhängig vom Standort zwischen 140 und 300 Grad. Bei Solarthermie erreichen Plattenabsorber Temperaturen bis zu 75 Grad, wohingegen mit konzentrierender Solarthermie über 500 Grad möglich sind.
Verbrennt man Biomasse, Biogas oder Biomethan, können Temperaturen um die 500 Grad erreicht werden. Allerdings ist nachhaltige Biomasse nur begrenzt verfügbar. Außerdem schränkt der Aspekt der Nutzungskonkurrenz – zum Beispiel die Nutzung von Biomasse als Nahrung oder Baustoff – den Einsatz von Energieträgern auf Biomasse-Basis für die Wärmegewinnung ein.
„Wenn es darum geht, Prozesswärme im Hochtemperaturbereich von über 1.000 Grad klimaverträglich zu erzeugen, stellen Strom aus erneuerbaren Energiequellen und synthetische Gase eine vielversprechende Möglichkeit dar“, fasst DLR-Forscher Tobias Naegler zusammen. Als synthetisches Gas kann Wasserstoff zum Einsatz kommen, der mittels Elektrolyse aus erneuerbaren Strom gewonnen wird, oder synthetisches Methan. Bei dessen Herstellung wird dieser „grüne“ Wasserstoff in einem chemischen Prozess methanisiert.
„Die enge Kopplung des Wärmesektors mit dem Stromsystem, die aus der Nutzung von Strom oder synthetischen Gasen gerade im Hochtemperaturbereich resultiert, birgt Risiken aber auch Chancen hinsichtlich der Integration hoher Anteile erneuerbaren Stroms in die Gesamtenergieversorgung. Diesen Aspekt gilt es in weiteren Studien noch genauer zu untersuchen“, so Naegler weiter.
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