Urteilsgründe
Soweit die Klägerin die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz in Anspruch nehmen wollte, habe die Kammer die Klage abgewiesen, weil die Einstellungsanordnungen nicht von der Bundesrepublik Deutschland erlassen worden seien, sondern vom Land Baden-Württemberg. Hierbei könne es – so die Kammer – dahinstehen, ob die Anordnungen des Bundeslands auf einer Weisung des Bundes beruhten, da im Falle der Bundesauftragsverwaltung im Sinne des Art. 85 GG nach außen stets das jeweilige Bundesland verantwortlich sei und hafte. Führe das Bundesland eine rechtswidrige Weisung aus und werde dann auf Schadensersatz verklagt, könne es diesen Schaden im Innenverhältnis dem Bund gegenüber geltend machen.
Das Urteil verneint allerdings auch den Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg, weil es die Klägerin schuldhaft unterlassen habe, den Schaden durch Einlegung eines Rechtsmittels abzuwenden – das heißt: Gegen die Einstellungsanordnungen hätte die Klägerin Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erheben müssen. Diese Klage hätte – so das Bonner Landgericht – durchaus „Aussicht auf Erfolg gehabt, denn eine Risikoneubestimmung nach den Ereignissen von Fukushima und das Alter der Kernkraftwerke alleine begründeten keinen Gefahrenverdacht (konkrete Schadensmöglichkeit aufgrund des Betriebs der Kernkraftwerke für Leben, Gesundheit oder Sachgüter). Ohne konkrete Anhaltspunkte für etwaige Gefahren sei die Anordnung der Abschaltung nach dem Gesetz nicht gerechtfertigt.“
Zudem habe das Land Baden-Württemberg, ohne das ihm zustehende Ermessen auszuüben, einfach die Entscheidung anderer übernommen. Dabei hätte eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung gehabt, so dass EnBW dadurch die aus der Abschaltung resultierenden Schäden hätte vermeiden können. Die Kammer sei zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Klage für EnBW auch zumutbar gewesen wäre. Drohende Konsequenzen wie Kundenverlust und Imageschäden seien unternehmenspolitische und strategische Gründe, die im rechtlichen Sinne nicht begründen könnten, warum nicht geklagt werde. Soweit die Klägerin Schäden geltend mache, die aus dem Zeitraum nach dem 16.06.2011 herrühren, fehlte es laut Landgericht an der Kausalität der Anordnungen des Landes Baden-Württemberg, die für drei Monate befristet waren und diesen Zeitraum daher nicht betroffen hätten. EnBW kann jetzt innerhalb eines Monats Berufung einlegen.
BBU lobt Urteil
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) begrüßte das Urteil. BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz betonte, dass die Stilllegung der Reaktoren richtig und notwendig gewesen sei. „Die Katastrophe in Fukushima hat 2011 erneut gezeigt, dass auch westliche Atomkraftwerke Katastrophen verursachen können. Die Stilllegung von Atomkraftwerken und Atomanlagen reduziert das Unfallrisiko und trägt zur Vermeidung von Atommüll bei.“
Der BBU ermutigte die zuständigen Gerichte, entsprechende Schadensersatzklagen der Energiekonzerne E.ON, RWE und Vattenfall ebenfalls abzuweisen und argumentiert, dass der Schutz der Bevölkerung über wirtschaftlichen Interessen stehen müsse. Grundlegend fordert der BBU die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke und Atomanlagen im In- und Ausland, von den zuständigen rot-grünen Landesregierungen in Düsseldorf und Hannover auch die Stilllegung der Uranfabriken in Gronau und Lingen, die den AKW-Betrieb in zahlreichen Ländern ermöglichen. Zudem engagiert sich der BBU gegen Atomanlagen in Belgien, in den Niederlanden und anderswo.
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