Verwaltungsgericht Schleswig schickt DUH vollständig geschwärzte VW-Dieselgate-Akte des KBA
Im Rahmen der behördlichen Nachprüfungen wurden vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) offensichtlich bei vielen deutschen wie ausländischen Fahrzeugen auffällige Stickoxid (NOx)-Werte gemessen, hatte die DUH schon v0rher mitgeteilt. Nachdem die DUH seit Oktober 2015 Hinweise auf Abschalteinrichtungen gefunden habe, räumten inzwischen mehrere Automobilhersteller die Verwendung von Abschalteinrichtungen ein, die bei leicht höheren oder niedrigeren Temperaturen als der Prüfraumtemperatur die Abgasreinigung vermindern, begründeten das aber mit der Notwendigkeit, zum Schutz der Motoren vor Beschädigung die Abgasreinigung zeitweise zu verringern – nach Auffassung der DUH eine reine Schutzbehauptung. Die Fahrzeuge müssten nach der geltenden EU-Typgenehmigungsvorschrift „in normal use“, das heißt auch unter allen üblicherweise auftretenden Temperaturen und nicht nur zwischen 20 – 30 Grad Celsius eine funktionierende Abgasreinigung vorweisen. Nach Informationen der DUH laufen derzeit offizielle Anhörungsverfahren zur Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung gegen die Daimler AG, die Adam Opel AG und die Volkswagen-Gruppe.
Dobrindt duckt sich weg – Untätigkeitsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland
Frontal griff die DUH Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt an: Seit nunmehr sechs Monaten verweigere dieser „dem Parlament und der Öffentlichkeit Auskunft über die seit November vorliegenden Straßenmesswerte und gefundenen Auffälligkeiten bei den insgesamt 56 untersuchten Diesel-Fahrzeugen“.
Seit dem 01.10.2015 versuche die DUH in verschiedenen Verwaltungsverfahren, Auskunft über die den Hersteller gemachten technischen Auflagen beziehungsweise vorliegende Messwerte zu erhalten. Im Falle der VW-Rückrufauflagen erhob die DUH im Januar 2016 schließlich Untätigkeitsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Das KBA stellte daraufhin im Februar fest, dass die DUH doch einen rechtlichen Informationsanspruch habe. Allerdings war die Volkswagen AG nicht mit der Offenlegung einverstanden. In der Folge erhielt die DUH am 18.03.2016 vom angerufenen Verwaltungsgericht Schleswig die 581-seitige VW-Akte „zur einwöchigen Einsicht“ in komplett geschwärzter Form.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „In den USA verlangen die Umweltbehörden, dass die Diesel-Pkw auf der Straße die Grenzwerte einhalten oder eben zurückgekauft werden müssen. Frankreich veröffentlichte bereits im Februar die gemessenen erhöhten Stickoxid- und [[CO2]]-Werte. Und Umweltministerin Ségolène Royal fordert funktionierende Katalysatoren auch bei niedrigen Temperaturen. Im Epizentrum des Diesel-Abgasskandals agiert Bundesverkehrsminister Dobrindt als Marionette der Autobosse, verweigert jegliche Transparenz und verzichtet trotz 10.000 jährlicher Todesfälle auf Vorgaben zur Senkung der realen Abgasemissionen“.
Alarmierende Werte bei Smart Diesel: 4x so viel wie 28-Tonner
Die DUH stellte am 21.3.2016 neue eigene Abgasmessungen an einem Smart Diesel mit alarmierenden NOx-Emissionen vor (Prüfbericht unten). Die Untersuchungen fanden im Februar und März 2016 bei der Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule in der Schweiz statt. Dabei überschritt der Smart bei allen auf dem Rollenprüfstand gefahrenen Tests mit betriebswarmem Motor die Euro 5 Grenzwerte für NOx-Ausstoß erheblich. Verglichen mit einem 28-Tonner, ebenfalls vom Hersteller Daimler (Actros 1842, Euro 6), der laut Kraftfahrt-Bundesamt auf der Straße mit 158 mg NOx/km gemessen wurde, übersteigt der Smart beim CADC-Fahrzyklus (der CADC Zyklus wird zum Ermitteln von Pkw-Emissionsfaktoren verwendet) diesen Wert mit 589 mg/km um das fast Vierfache. Dabei meldete das Fahrzeug während oder nach den Tests trotz der stark erhöhten Emissionen keinen Fehler der On-Board-Diagnose (OBD) über die Warnlampe.
Verkehrsexperte Axel Friedrich erklärt: „Die festgestellten Überschreitungen der NOx-Emissionen beim kleinsten Serien-Diesel der Welt sind nicht nur in der Höhe absolut inakzeptabel, sondern zeigen ein technisch nicht plausibles Muster. Dass dieses Fahrzeug mit dem für eine funktionierende Abgasreinigung optimalen betriebswarmen Zustand kein einziges Mal die NOx-Grenzwerte einhält, ist technisch nicht plausibel. Wenn Hersteller erklären, dass sie keine Zykluskennung verwenden, sollte dies durch unabhängige Straßenmessungen belegt werden.“