„Phase der Unsicherheit fest etabliert: EEG Novelle gefährdet Mittelstand, Akzeptanz und Exportstärke“
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, reagierte in einer ersten Reaktion auf den Referentenentwurf, in dem das Ausschreibungssystem für Wind an Land im Mittelpunkt steht, mit scharfer Kritik: „Nach den EEG-Novellen 2004, 2009, 2012 und 2014 wird mit der Novelle 2016 nun die Phase der Unsicherheiten über alle Technologien hinweg fest etabliert. Diese ständigen Eingriffe in den bewährten Mechanismus zur Organisation der Energiewende gefährden die mittelständische Windbranche mit ihren 150.000 Beschäftigten, die nach wie vor breite Akzeptanz für die preiswerte Windenergie an Land und Exportstärke der leistungsstarken Unternehmen“.
Der BWE-Präsident zeigte sich enttäuscht, dass trotz monatelanger Diskussion, eine klare Linie für die erfolgreiche Fortsetzung der Transformation der deutschen Energiewirtschaft fehle und beschäftigungs- wie industriepolitische Aspekte nur unzureichend berücksichtigt worden seien. Er mahnte an, dass trotz eines hoch verdichteten Zeitplans noch eine deutliche Überarbeitung des Referentenentwurfes erfolgen müsse. „Qualität vor Tempo“, müsse die Devise sein.
„Die intensive fachliche Debatte der Akteure der Energiewirtschaft aber auch die Stellungnahmen aus den Ländern wurden offensichtlich nur unzureichend beachtet. Ebenso bleiben die klaren und auf deutschen Druck erfolgten Vereinbarungen der Klimakonferenz in Paris unberücksichtigt. Damit wird der jetzt vorgezeichneten Rahmen den Herausforderungen nicht gerecht und steht im deutlichen Widerspruch zu der Tatsache, dass inzwischen alle Akteure im Bereich der Energiewirtschaft voll auf Erneuerbare Energien setzen“, kritisierte Hermann Albers.
„Vor allem die im Entwurf angedachte Begrenzung der Onshore-Windenergie, die u.a. im Verzicht auf eine Mindestausschreibungsmenge und die geplante Verrechnung mit dem Zubau anderer erneuerbarer Technologien sichtbar wird, führt energiewirtschaftlich und industriepolitisch in eine falsche Richtung. Die absolut preiswerteste Technologie wird damit massiv beschränkt. Ein solches Beschneiden des wichtigen deutschen Marktes stellt die Spitzenposition deutscher Hersteller in internationalen Märkten in Frage und bedroht damit tausende Arbeitsplätze. Deutschland läuft Gefahr, nach der Photovoltaik auch die erfolgreich aufgebaute Position in der Windenergie leichtfertig aus der Hand zu geben“, so Hermann Albers.
„Solarstrom nicht länger den Stecker ziehen!“ – Solarbranche kritisiert Entwurf
Scharfe Kritik kam auch von der Solarbranche. Anstatt den Ausbau Erneuerbarer Energien zu beschleunigen, stehe die Bundesregierung bei der Energiewende weiter auf der Bremse, kritisiert der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. Dazu dessen Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Dieser Gesetzesentwurf steht in eklatantem Widerspruch zu den Klimaschutzzielen und muss dringend nachgebessert werden. Großverbraucher klimaschädlicher Energie werden weiter subventioniert. Energiebewussten Verbrauchern und Gewerbebetrieben werden hingegen bei der Investition in Solartechnik immer mehr Steine in den Weg gelegt. Solarenergie ist inzwischen preiswert, bei fairer Kostenbetrachtung sogar günstiger als Strom aus neuen Atom- oder Kohlekraftwerken. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, sie nicht endlich stärker zu nutzen. Solarstrom darf nicht länger der Stecker gezogen werden!“
Dies ist auch der Wille einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland. Nach einer aktuellen Umfrage des Bundespresseamtes wollen 85 Prozent der Menschen, dass Sonnenenergie in 20-30 Jahren maßgeblich die Energieversorgung sichert. Körnig: „Der Gesetzesentwurf trägt dem keinesfalls Rechnung. Selbst die bescheidenen Ausbauziele der Bundesregierung werden seit zwei Jahren deutlich verfehlt.“ Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden 2015 von den angestrebten 2.500 MW nur 1.400 realisiert.
„Finanzielle Belastung solarer Eigen- oder Direktversorgung abschaffen!“
Der BSW-Solar fordert unter anderem eine Abschaffung bzw. deutliche Verringerung der finanziellen Belastung solarer Eigen- oder Direktversorgung (EEG-Umlage). Energieversorger und Stadtwerke würden längst Mieter mit preisgünstigen Solartarifen bedienen, wenn Solarstrom vom Dach des Vermieters nicht weiterhin künstlich verteuert werde. Körnig: „Es stinkt zum Himmel, dass Mieter für Solarstrom vom eigenen Hausdach mit sechs Cent je Kilowattstunde zur Kasse gebeten werden, während die größten Energieverbraucher in der Industrie weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit werden.“
„Nur große Solarparks ausschreiben!“
Körnig warnt zudem deutlich davor, den Fördermechanismus von PV-Anlagen generell auf Ausschreibungsverfahren umzustellen. Um eine breite Akteursstruktur und Akzeptanz der Energiewende zu sichern, müssen Ausschreibungen auf große Solarparks begrenzt bleiben. Anders als bei ebenerdigen Solarparks würden Förder-Auktionen von Solarstromanlagen auf Dächern scheitern, so die übereinstimmende Auffassung der meisten Energie- und Finanzexperten. Dies liegt an den deutlich komplexeren, heterogeneren und kleinteiligeren Projekt- und Investorenstrukturen, Finanzierungs- und Planungsprozessen. Die Erzeugungskosten von Solarstrom sind in den letzten Jahren deutlich gefallen. In der jüngsten Ausschreibungsrunde lag der durchschnittliche Gebotspreis für Solarstrom aus großen Solarparks bei nur noch 7,5 Cent je Kilowattstunde.