Energiebeschaffung im Großhandel
Zu den Hauptgründen für den sehr viel stärkeren Rückgang der Kosten bei den energieintensiven Industrien zählt, dass die Unternehmen ihre Energie stärker als andere auf den Großhandelsmärkten beschaffen, weshalb sie auch stärker von den besonders deutlichen Preisrückgängen an den Börsen profitiert haben.
Zudem sind die energieintensiven Unternehmen weitgehend von Steuern, Abgaben und Umlagen befreit; diese waren in den vergangenen Jahren teils deutlich gestiegen. Das bekamen vor allem jene restlichen Teile der Industrie zu spüren, die allerdings auch einen relativ kleinen Teil ihrer Gesamkosten für Energie aufwenden müssen.
Aus den Berechnungen lassen sich auch aktuelle Daten zur Verwendung von Energieträgern nach Industriegruppen ableiten. Die hoch-energieintensiven Industrien tragen aktuell zum Beispiel:
- nahezu 100 Prozent der gesamten industriellen Kosten für den Bezug von Kohle
- etwa 54 Prozent der industriellen Gesamtkosten für Gas und Mineralölprodukte
- etwa 27 Prozent der industriellen Stromkosten sowie
- knapp zwei Drittel der gesamten Kosten für andere Energieträger (Fernwärme, Biomasse, Ersatzbrennstoffe).
Gemessen in Prozentanteilen entsprechen die gesamten Energiekosten für die deutsche Industrie im Mittel der ersten drei Monate dieses Jahres 1,8 Prozent bezogen auf den Bruttoproduktionswert der Industrie, das heißt den Wert der hergestellten Waren. Zieht man davon die von der Industrie erbrachten Vorleistungen ab, ergibt sich eine relative Belastung von 7,2 Prozent gemessen an der entsprechenden Bruttowertschöpfung. In den hoch-energieintensiven Branchen liegen die Quoten naturgemäß höher: der produktionsbezogene Energiekostenanteil liegt hier aktuell bei 4,1 Prozent, die wertschöpfungsbezogene Größe bei 18,7 Prozent. Für die mittel-energieintensiven Industrien liegen die entsprechenden Kenngrößen bei 2,3 und 9,1 Prozent, für die wenig energieintensiven bei 0,9 und 3,3 Prozent.
[note Die Deutsche Welle blickt voraus: „Vertreter von Umweltverbänden wittern hinter Aussagen wie dieser die Möglichkeit, die energieintensive Branche stärker an den Mehrkosten der Erneuerbaren Energien zu beteiligen. Seit Jahren liefern sich Lobbyvertreter verschiedener Lager hierzu eine erbitterte Verbalschlacht. Dabei wollen manche die Rabatte ganz streichen, die anderen dagegen sogar ausdehnen. Sonja Peterson, Klimaexpertin vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, hält die Belastung energieintensiver Unternehmen durch Klimaschutz ‚für mehr als machbar‘. Negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen macht sie derzeit nicht aus – bei keiner der verschiedenen Untergruppen.
Dennoch sei die Frage, wie sich der Preis für Strom weiter entwickle, entscheidend, sagt die Klimaökonomin. Der Grund: Bei der Weltklimakonferenz in Paris wurde eine weitgehende Dekarbonisierung der Wirtschaft beschlossen – weshalb mittelfristig Öl, Gas und Kohle durch Strom aus Wind- und Solaranlagen ersetzt werden soll. Die Frage, ob Ökostrom tatsächlich Arbeitsplätze gefährdet, dürfte damit eine Konstante in Deutschlands Wirtschaftsberichterstattung bleiben.“]
- Der Energiekosten-Index für die Industrie wird von nun an auf regelmäßiger Basis aktualisiert und von der European Climate Foundation in Kooperation mit dem Öko-Institut und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) veröffentlicht.
- Bereits seit Oktober 2014 publiziert ECF ebenfalls einen Energiepreismonitor, der die Entwicklung der Energiepreise für die Verbraucher in Deutschland beschreibt; weitere Informationen dazu.
- Seit Oktober 2015 gibt es einen entsprechenden Monitor auch für Polen.
->Quellen:
- europeanclimate.org/Pressemitteilung.pdf
- europeanclimate.org/launch-of-first-up-to-date-energy-cost-indicator-for-german-industry
- europeanclimate.org/Energiekostenindex_Industrie_Oeko_Institut_ DIW.pdf
- europeanclimate.org/de/ecf-energy-price-monitor
- europeanclimate.org/EKI_Hintergrund_Methode.pdf
- alle Daten und Abbildungen: ECF, Öko-Institut und DIW Berlin
- dw.com/de/energiewende-ist-kein-industriekiller