„Flucht ist kein Verbrechen“

Fresach verabschiedet Erklärung zum Klimawandel
„Wer in Frieden und Wohlstand leben will, muss teilen lernen“

Die Teilnehmer/innen der Europäischen Toleranzgespräche 2016 haben am 15.05.2016 eine „Erklärung zum Klimawandel 2016“ verabschiedet, in der Europa aufgerufen wird, sich seiner Verantwortung zu stellen. Keine Gemeinschaft komme ohne Grenzen aus, Mauern und Zäune lösten aber keine Probleme. „Wer in Frieden und Wohlstand leben will, muss teilen lernen“, heißt es in der Erklärung.

Die Fresacher Erklärung zum Klimawandel 2016 (Wortlaut)

Wanderungsbewegungen durch Klimaschwankungen sind kein neues Phänomen, und sie standen immer in direktem Zusammenhang. Neu ist jedoch die globale Dimension. Die rasante Informationsverbreitung über Kontinente hinweg erzeugt neue Nachbarschaften.

Die Länder im Süden, die über Jahrhunderte von Europa aus gestaltet – und oft missgestaltet – wurden, bleiben weiter Peripherie. Aber Menschen von dort machen sich auf den Weg ins Zentrum. Sie wollen der Armut, dem Hunger und dem Krieg entfliehen. Klimaveränderungen spielen dabei eine immer größere Rolle: als Mitverursacher für Kriege, Armut und Hunger.

Nicht Migration ist das Problem. Sie hilft sogar eine „gemeinsame“ Welt zu schaffen. Der Austausch von Waren und Leistungen, aber auch von Kulturen ist eine Bereicherung für jedes Land. Dieser Austausch erfolgt auch über Migration und hat unsere Länder und Städte vielfältiger gemacht. Diese Vielfältigkeit trägt dabei auch zu Völkerverständigung und Frieden bei. Dennoch sollte niemand gezwungen werden, seine Heimat zu verlassen, und dennoch hängt erfolgreiche Integration auch von der Zahl der Einwanderer bzw. Flüchtlinge ab.

Viele in Europa wollen neue Zäune und Mauern errichten. Und es ist auch durchaus einsichtig und notwendig, die Aussengrenzen der Europäischen Union zu kontrollieren und zu überwachen. Keine Gemeinschaft kommt ohne Grenzen aus. Denn jede Gemeinschaft hat das Recht, den Zugang zu ihr zu regeln. Dabei muss allerdings Humanität und internationales Recht gewahrt bleiben. Mauern und Zäune lösen nicht die globalen Probleme, die Menschen aus ihrer Heimat vertreiben. Es gilt vielmehr, die vielfältigen und komplexen Ursachen zu analysieren und zu bekämpfen.

Europa muss sich seiner Verantwortung stellen. Von Ausbeutung und Kolonialismus haben nicht nur die Kolonialländer profitiert, sondern alle Europäer. Auch sie haben von billigen Rohstoffen und damit verbundenen Umweltzerstörungen profitiert und tun dies auch noch heute. Auch unsere Agrar- und Handelspolitik trägt zum globalen wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewicht bei.

Der Konsum der Wohlhabenden ist für jene Emissionen mit verantwortlich, die Klimaveränderungen verursachen oder verstärken. Auch viele Umweltbelastungen in den Entwicklungs- oder Schwellenländer sind primär den KonsumentInnen in den reichen Ländern anzurechnen, die durch ihre Nachfrage den Preis- und Kostendruck verursachen. Daher sollten wir nicht mit dem Finger auf die „Anderen“ zeigen, sondern uns als Europäer unserer Verantwortung bewusst sein.

Die Abschottung unseres Kontinents und der Aufbau einer „Festung Europa“ können höchstens eine vorübergehende Scheinberuhigung bewirken. Je länger Europa die Ursachen von Klimaveränderungen und erzwungener Migration ignoriert und versäumt sie zu bekämpfen, umso bedrohlicher wird die Situation für unsere Nachkommen. Will Europa weiteres Unglück und den Schießbefehl an seinen Grenzen vermeiden, müssen wir einen Beitrag zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt leisten.

Wer in Frieden und Wohlstand leben will muss teilen lernen. Am besten helfen wir, indem wir für die Länder des Südens eine lebenswertere Heimat schaffen. Eine Heimat, die nicht von der Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen bedroht wird, ist der beste Garant gegen erzwungene Migration und die daraus entstehenden Konflikte.
Fresach, am 13. Mai 2016

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