Ein Briefwechsel i.S. EEG 2016

Hintergrund

Der Ruf nach Kostengünstigkeit, Planbarkeit, Versorgungssicherheit und „mehr Markt“ rief 2013 reflexartig Ausschreibungen auf den Plan. Hierbei wurde auch die EU-Kommission zitiert. Bereits im Zuge der Koalitionsverhandlungen konnten keine Belege erbracht werden, dass die Energiewendeziele unter den oben genannten Kriterien mit Ausschreibungen besser zu erreichen seien, als mit dem bewährten System der Einspeisevergütungen. Der Koalitionsvertrag nennt insofern Bedingungen: er sieht die Einführung von Ausschreibungen „ab 2018“ vor,

„sofern bis dahin in einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die Ziele der Energiewende auf diesem Wege kostengünstiger erreicht werden können “ (vgl. KoaV S. 39).

Bis spätestens 2016 sollen über ein Pilotprojekt Erfahrungen mit Ausschreibungen gewonnen werden um ein „optimales Ausschreibungsdesign zu entwickeln“. Ferner heißt es:

„Wir werden darauf achten, dass bei der Realisierung von Ausschreibungen eine breite Bürgerbeteiligung möglich bleibt“.

In einem von der Bundesregierung im Januar 2016 im Rahmen einer Unterrichtung über die Erfahrungen der PV-Pilotausschreibung (DS 18/7287) vorgelegten Bericht heißt es:

„Abschließende Schlussfolgerungen aus der Pilotausschreibung können zum jetzigen Zeitpun kt aufgrund des kurzen Untersuchungszeitraums noch nicht getroffen werden , da sich der Erfolg einer Ausschreibung letztlich aus dem Gesamtbild von Wettbewerbssituation, Kostenniveau und Realisierungsrate der Projekte ergibt“.

Nach den bisherigen Erfahrungen mit Ausschreibungen ist das Einspeisemodell am Beispiel des EEG insbesondere mit Blick auf Akteursvielfalt und die Ausbauzielerreichung überlegen. Ausschreibungen, so eine aktuelle Studie des Weltwindenergieverbands (WWEA) und des Landesverbands Erneuerbare Energien Nordrhein-Westfalen (LEE NRW), würden hingegen „Bürgerwindprojekten einen großen Wettbewerbsnachteil einbringen. Die Externalisierung der „Akzeptanzkosten“ von Windkraft könnte in der Folge eine drastische negative Wirkung auf die weitere Verbreitung von Bürgerwindprojekten und insgesamt auf den Erfolg der deutschen Energiewende haben“ (vgl. WWEA 2016). So fällt die Teilnahme am Gebotsverfahren größeren Bietern, die etwa über eigene Planungsabteilungen verfügen, leichter, als Bürgerinnen und Bürgern bzw. Einzelakteuren und Genossenschaften. Ausschreibungen begünstigen insofern grundsätzlich eher die größeren Akteure und sind mit einer breiten Akteursvielfalt nicht vereinbar. Letztere ist aber der bisherige Erfolgsmotor der Energiewende und auch für die Akzeptanz der Energiewende und den Ausbau vor Ort wesentlich. Die Probleme mit real existierenden Ausschreibungssystemen haben in einigen Ländern (darunter Grossbritannien, Portugal, Irland und Luxemburg) bereits dazu geführt, dass Ausschreibungen wieder abgeschafft wurden (vgl. IZES 2014). Auch der DIW weist auf diese Erkenntnisse mit weiteren Quellenangaben hin.

Final kann über die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt bzw. den Pilot-Ausschreibungsrunden erst dann eine sachliche Schlussfolgerung gezogen werden, wenn nicht lediglich die Gebote und Zuschläge ausgewertet wurden, sondern auch Daten über die realen Ausbauten Erneuerbarer Energien vorliegen. Nach Auskunft der Bundesnetzagentur wurden im Rahmen der Pilotausschreibung erst sieben Förderberechtigungen für Freiflächenanlagen (insgesamt 55,5 MW) ausgestellt. In den ersten vier Gebotsrunden hatte die Bundesnetzagentur insgesamt knapp 650 MW bezuschlagt.

Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen zeigen, dass verbreitete Schwierigkeiten eben gerade darin liegen, dass viele der Projekte, für die ein Zuschlag erteilt wurde, letztlich nicht gebaut werden. Auch Strafzahlungen, die für den Fall des Nichtausbaus vorgesehen sind, können eingepreist werden. Sind die Strafzahlungen zu hoch angesetzt, hemmen sie hingegen die Bieter, insbesondere die kleinen. Anschließend müssen die Ergebnisse auch eine Schlussfolgerung zulassen, die Ausschreibungen nicht nur für Solarenergie, sondern auch für Windenergie bzw. andere regenerative Energieträger anraten.

Die Umstellung auf Ausschreibungen birgt absehbar insbesondere für die Windenergiebranche große Verunsicherung. Auch die Übertragbarkeit von Erfahrungen der aktuellen Pilotausschreibung im Photovoltaik-Freiflächensegment auf Windenergie wird nur begrenzt möglich sein (so auch der Erfahrungsbericht der Bundesregierung). Die Ungewissheit über künftige Ausschreibungen erschweren den Ausbau von Wind Onshore mit Blick auf hier zu kalkulierende Planungszeiten von ca. drei Jahren, was wiederum insbesondere zu Lasten kleinerer Akteure geht. Aber eben die Menschen vor Ort, Genossenschaften, Kommunen und Stadtwerke sind der Motor und das Erfolgsrezept der Energiewende, für die Deutschland weltweit Vorbildfunktion einnimmt.

Letztlich muss klar sein: Auch der Nicht-Erfolg von Ausschreibungen kann ein Ergebnis sein, dem dann in der folgenden Rahmengestaltung Rechnung getragen werden müsste.

Folgt: EU-Beihilfeleitlinie eröffnet Möglichkeit, von Ausschreibungen abzusehen