EU-Beihilfeleitlinie eröffnet Möglichkeit, von Ausschreibungen abzusehen
So eröffnet auch die EU-Beihilfeleitlinie die Möglichkeit, sehr umfangreich von Ausschreibungen abzusehen, die sie grundsätzlich für die Förderung Erneuerbarer Energien ab 2017 vorsieht. Zwar fordern die EU-Beihilfeleitlinien Ausschreibungen ab dem 1. Januar 2017, definierten aber auch Ausnahmen. In den Punkten (127) und (128) wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, Ausschreibungen dann nicht zur Förderung des Ausbaus Erneuerbarer Energien vornehmen zu müssen, wenn
„(ii) nur ein Projekt oder eine sehr kleine Anzahl von Projekten beihilfefähig wären,
(ii) ein Ausschreibungsverfahren zu einer höheren Unterstützung/Förderung führen würde (z.B . um strategisches Bieten zu vermeiden),
(iii) ein Ausschreibungsverfahren zu niedrigen Projektumsetzungsquoten führen würde (Vermeidung des Unterbietens). “ (Übersetzung des Sprachdienstes des Deutschen Bundestages)
Zudem können Beihilfen ohne Ausschreibungsverfahren für Anlagen mit einer installierten Stromkapazität von unter 1 MW oder für Demonstrationsprojekte gewährt werden. Auch Strom aus Windenergie für Anlagen mit einer installierten Stromkapazität von bis zu 6 MW oder 6 Erzeugungseinheiten sind ausgenommen [vgl. (128)].
Windprojekte bis 18 MW und Solarprojekte bis 1 MW (so nach schriftlicher Darlegung von Seiten der Kommission konkretisiert) könnten danach außerhalb von Ausschreibungen gefördert werden. Unter Heranziehung dieser sogenannten De-Minimis-Regelung könnte der hiesige Ausbau Erneuerbarer Energien – anders als im Referentenentwurf veranlagt – zu 60 bis 80 % außerhalb von Ausschreibungen erfolgen.
In Bezug auf die EU-Beihilfeleitlinie sollte auch bedacht werden, dass die Bundesregierung (so auch im Koalitionsvertrag erklärt, vgl. S. 40) die Auffassung vertritt, dass das EEG keine Beihilfe darstellt (danach bestünde folglich auch keine EU-rechtliche Verpflichtung einer Umstellung auf Ausschreibungen). Mit Blick auf die sog. Industrieausnahmen für energieintensive Unternehmen, der „besonderen Ausgleichsregelung“, bestand allerdings die Sorge, mit dem EEG insgesamt in eine zeitaufwändige Beihilfeprüfung zu gelangen. Man befürchtete, energieintensive Unternehmen, die unter die besondere Ausgleichsregelung fallen, könnten für den Worst Case einer verweigerten Beihilfegenehmigung Rücklagen bilden. Hiermit wären aber die mit der besonderen Ausgleichsregelung erzielten Entlastungswirkungen kompensiert worden. Um dies zu vermeiden, ließ die Bundesregierung „zur Sicherheit“ im Jahr 2014 durch die EU-Kommission eine Beihilfe-Notifizierung für das EEG 2014 durchführen. Die Genehmigung der Kommission läuft nun im Jahr 2016 aus. Dies wird nun als zeitlich limitierender Faktor in Bezug auf das EEG in Gänze angeführt. Anders als teilweise verbreitet, bleibt das EEG als Solches aber auch nach dem 31.12.2016 in Kraft.
Selbst wenn man aber nach EU-Beihilferecht verfährt bzw. unterstellt, das EEG oder Teile des EEGs seien eine Beihilfe und damit notifizierungspflichtig, muss bedacht werden, dass die Beihilfeleitlinie für sich genommen gegenüber Mitgliedstaaten nicht bindend ist, sondern nur einen Rahmen vorgibt, den die Kommission als Prüfungsmaßstab für zulässige Beihilfen anlegt. Zwar ist die Kommission selbst an den Rahmen der Beihilfeleitlinie gebunden. Vor dem Hintergrund der jüngsten Beihilfegenehmigung der EU-Kommission in Bezug auf den Förderrahmen für den Bau des britischen Atomkraftwerksbaus Hinkley Point C, wonach umfangreiche Staatsbürgschaften und über 35 Jahre garantierte Einspeisevergütungssätze mit Inflationsausgleich gewährt werden sollen, muss allerdings eine Ungleichbehandlung zulasten Erneuerbarer Energien verhindert werden. Schließlich kann es auch mit Blick auf das Primärrecht nicht sein, dass die EU-Kommission für den Bau von Atomkraftwerken mehr Staatshilfen zulässt, als für Erneuerbare Energien. Selbst wenn die Klage der Bundesregierung gegen die Einordnung des EEG 2012 als Beihilfe durch die Kommission vom Europäischen Gericht in erster Instanz (und damit noch vom Europäischen Gerichtshof korrigierbar) abgewiesen würde, bliebe dieser politische Spielraum innerhalb des bestehenden Rahmens ebenso wie die auch von der Kommission eingeräumten Möglichkeiten zu Ausnahmen von einer Ausschreibung spflicht bestehen und es gäbe gute Gründe, sich politisch dafür einzusetzen, diese Spielräume zu nutzen.
Teilweise wird eingewandt, man habe ja mit dem EEG 2014 bereits angekündigt, mit einem EEG 2016 eine Umstellung auf Ausschreibungen vorzunehmen. Wie gesehen widerspricht dies in der angedachten Form aber den Vorgaben des Koalitionsvertrages (Ausschreibungen ab 2018 und nur nach Beweisführung der Erfolgstauglichkeit!). Aber was gilt nun?
Folgt: Vorfestlegung des Gesetzgebers?