Trau keinem über 30!
Die alte 68er Studentenparole gilt auch für das in die 30er gekommene „Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit„, wie es heute ziemlich verzopft heißt. Gewiss hat Stephan Casdorff im Berliner Tagesspiegel recht, wenn er „das Ressort eine gute Schule, Machbarkeit mit Standfestigkeit zu verbinden“ nennt. Kanzlerin und Vizekanzler seien „durch diese Schule gegangen, Kanzleramtschef Altmaier auch. Doch Casdorff greift zu kurz, wenn er vorschlägt, man solle dem Ministerium „ein Vetorecht für umweltrelevante ökonomische Entscheidungen“ geben. Gibt es denn umwelt-irrelevante ökonomische Entscheidungen? Nein, das BMUB darf nicht zu einer Verbotsbehörde degenerieren – das Nachdenken über das Ministerium muss viel weiter gehen: Es geht heute auf der Welt um mehr als Natur- und Umweltschutz (was ja irgendwie das Gleiche ist): Die Themen heißen „Klimawandel“ und „Energiewende“, „klimabedingte Migrationsströme bis heute ungeahnten Ausmaßes“, Konflikte um Wasser und Rohstoffe“, – kurz, es geht um Nachhaltigkeit. Das heißt Schutz der Gemeingüter, Substanzerhalt anstelle von -verzehr. Nachhaltigkeit im strengen Sinne heißt Externalisierung zurückdrängen und schließlich möglichst ganz vermeiden, und zwar im ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Sinn, mit dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft, welche die Ausbeutung von Natur, Mensch, Gesellschaft und Kultur beendet. Denn nachhaltige Entwicklung bedeutet gemäß Definition der Brundtland-Kommission und ihrer Interpretation durch die deutsche Enquete „Schutz des Menschen und der Umwelt“, dass genutzte Gemeinressourcen nicht aufgezehrt, sondern für künftige Generationen erhalten werden, damit diese in der Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht schlechter gestellt sind als wir heute. Dazu braucht es ein starkes Ministerium – nennen wir es doch „Ministerium für Energiewende, Klimaschutz und Nachhaltigkeit“, wohl wissend, dass zur Umbenennung auch neue erweiterte Kompetenzen gehören. Und: es braucht uns alle.
-Gerhard Hofmann-