EEG-Novelle 2016: 1,5-Grad-Grenze von Paris nicht mehr zu halten
Bürger, Wirtschaft, Verbände und Bundesländer kritisieren laut einer Mitteilung des Solar Clusters Baden-Württemberg die vom Bundeskabinett am 08.06.2016 verabschiedete EEG-Novelle: Neben Klimaschützern und Verbänden der Erneuerbare-Energien-Branche kritisierten Vertreter der mittelständischen und der Wohnungswirtschaft die Pläne. Auch Stromkonzerne wie EnBW, Vattenfall und MVV sprachen sich gegen die Gesetzesänderung aus.
Eine große Mehrheit von 86 Prozent ist laut einer TNS-Emnid-Umfrage vom April 2016 im Auftrag von Greenpeace für einen schnelleren oder zumindest gleichbleibenden Ausbau der Erneuerbaren Energien. 87 Prozent hätten sich zudem für gleichbleibende oder bessere Möglichkeiten ausgesprochen, sich an der Energiewende zu beteiligen. „Mit ihren energiepolitischen Plänen vertritt die Bundesregierung eine Minderheitenposition“, sagt Carsten Tschamber vom Solar Cluster Baden-Württemberg. „Der Bundestag sollte die Pläne schnellstens revidieren, sonst drohen das Ende der Energiewende, der weitere Verlust von Arbeitsplätzen und das Verfehlen des Pariser Klimaziels.“
Kurze Zusammenfassung der geplanten Änderungen
Der Novelle zufolge wird unter anderem der Ausbau der Windenergie eingeschränkt. Künftig soll der Zubau inklusive der Nachrüstung alter Anlagen nur noch 2.800 MW pro Jahr umfassen. In den Jahren 2015 und 2014 lag der tatsächlich zugebaute Wert zwischen 3.500 und 4.700 MW. Bei der Biomasse wurde eine Erhöhung des Ausbaudeckels von 100 auf 150 MW pro Jahr in den nächsten drei Jahren vereinbart – zu wenig, um als regel- und speicherbarer Energieträger einen wichtigen Beitrag zum Energiesystem zu leisten.
Kleine Solarstrom-Anlagen auf Dächern werden wie bisher mit einer Einspeisevergütung gefördert. Die Eigentümer müssen jedoch ab einer Größe von 10 Kilowatt installierter Leistung weiterhin einen Teil der EEG-Umlage für den selbst verbrauchten Solarstrom entrichten. Die Größe der Anlagen, die sich einer Ausschreibung stellen müssen, wird von 1.000 Kilowatt auf 750 Kilowatt gesenkt. Erstmals müssen dabei auch Dachanlagen an der Ausschreibung teilnehmen. Im Gegenzug sollen jährlich PV-Anlagen mit einer Leistung von 600 MW ausgeschrieben werden, nur 100 MW mehr als bislang.
Fell: Bundestag muss EEG-Novelle stoppen – Neue Regelungen würden Energiewende in Deutschland beenden
„Der Gesetzentwurf zur EEG-Novelle fährt die Energiewende an die Wand“, sagt Energy Watch Group-Präsident Hans-Josef Fell: Anstatt den Ausbau der Erneuerbaren Energien ambitioniert voranzutreiben, zerstört die Bundesregierung eine Erneuerbaren Branche nach der andern: Es begann 2013 mit dem Niedergang der PV-Industrie, gefolgt von der Biogasbranche nach der EEG-Novelle 2014, nun steht die Zukunft der deutschen Windkraft auf dem Spiel. Mit den geplanten Ausbauzielen beim Ökostrom kann in Deutschland bis 2022 gerade mal die Hälfte des momentan noch im Netz befindlichen Atomstromes ersetzt werden. Das heißt, dass entweder der Atomausstieg nicht stattfindet oder die CO2-Emissionen stark zunehmen werden.“
Fell fordert daher, dass der Bundestag diese Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes nicht beschließt, sondern eine Kehrtwende macht und das Gesetz auf einen Kurs bringen, mit dem 100% Erneuerbare Energien 2030 möglich sind. Mit seiner Einschätzung wendet sich Hans-Josef Fell erstmals seit seinem Ausscheiden aus dem Parlament in großer Sorge um die Zukunft des Planeten an alle Bundestagsabgeordneten. Die schnelle globale Umstellung auf eine Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien ist ein entscheidendes und unverzichtbares Projekt, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern:
- Stopp der Welterwärmung bei 1,5° C;
- Atomausstieg mit Reduzierung der Proliferation;
- Ende der Kriege um Erdöl und andere Energieressourcen;
- Bekämpfung des Klimawandels als einer der wichtigsten Ursachen für Flucht.
Fell weiter: „Das Ausbremsen der Energiewende in Deutschland ist nicht nur ein industriepolitischer Irrsinn, sondern widerspricht auch den Vorstellungen weiter Teile der Gesellschaft. Ein Jahr vor der Bundestagswahl sollte die Bundesregierung nicht mit der Einführung von Ausschreibungsverfahren die Beteiligung von Menschen an der Energiewende über Bürgerenergiegenossenschaften verhindern. Damit beenden CDU/CSU und SPD nicht nur die Akteursvielfalt, sondern riskieren die Unterstützung ihrer Mitglieder für den Wahlkampf.“