Nachhaltigkeit ins Grundgesetz?

Unschärfe des Begriffes Nachhaltigkeit „nicht schädlich“

Daher sei eine „dysfunktionale Aufblähung des Grundgesetzes durch allerlei Wünschbares und semantische Wohltaten“ wie etwa die Förderung der Kultur oder des Sports durchaus kritisch zu sehen. Im Falle der Nachhaltigkeit gehe es aber um die „explizite Konkretisierung eines elementaren Rechtsprinzips, nämlich des Demokratieprinzips“.

Dabei sei die Unschärfe des Begriffes Nachhaltigkeit „nicht schädlich“, sagte Gesine Schwan. „Gerade wenn der Begriff unscharf ist, muss Politik umso klarer sein.“ Schon den neuen 17 globalen Nachhaltigkeitszielen und ihren 169 Unterzielen merke man doch an, dass es dabei im eine gesamtgesellschaftliche Utopie friedlichen Zusammenlebens gehe. Und eine solche lasse sich nun mal nicht in einen Begriff packen.

Sie erfordere in der konkreten Anwendung eine jeweils neue Verständigung „über das inhaltlich damit Gemeinte“. Die Unschärfe benötige auf Verständigung ausgerichtete Kommunikation und habe daher sogar einen Vorteil. Eine falsche Erwartung sei es aber, wenn man davon ausgehe, dass konkrete Politik sich durch gesetzliche Fixierungen ersetzen lasse, betonte die Politikwissenschaftlerin. Vielmehr müsse aus der Verfassung „etwas gemacht werden“.

Ergänzung des Grundgesetzes durch einen Satz

Wenn unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip Sozialleistungen gewährt werden, ohne dass zur Deckung der entstehenden Kosten für entsprechende Steuereinnahmen gesorgt wird, gerate das Sozialstaatsprinzip in ein Spannungsverhältnis zum Nachhaltigkeitsprinzip, sagte Joachim Wieland. „Eine Ergänzung des Grundgesetzes um das Staatsziel der Nachhaltigkeit erscheint daher sachgerecht.“

Als Formulierung schlägt Wieland in seinem Gutachten einen einzigen Satz vor: „Der Staat beachtet bei seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit.“ Konkrete Maßnahmen ließen sich daraus nicht ableiten, so der Staatsrechtler. Der Staat müsse jedoch bei jeglichem Handeln dessen Nachhaltigkeit prüfen und in Rechnung stellen. Ein solcher Satz würde uns helfen, uns an unsere Verantwortung zu erinnern, sagte Gesine Schwan. „Er würde dazu beitragen, dass wir mehr Acht geben.“

Die Forschungsgruppe Ethisch-Ökologisches Rating an der Frankfurter Universität fordert seit Jahren nicht nur die Aufnahme der Nachhaltigkeit zusätzlich zur Sozialbindung des Eigentums in den Artikel 14 Abs. 2 GG. Die FGEÖR („Nachhaltigkeit ist die Abwesenheit von Externalisierung“) schlägt vor, die Nachhaltigkeit durch einige wenige Gesetzesänderungen durchzusetzen:

  • Das Verfügungsrecht der Eigentümer (§ 903 BGB) soll durch eine Pflicht zur Erhaltung genutzter Gemeingüter eingeschränkt werden.
  • Die Definition des unlauteren Wettbewerbs im einschlägigen Gesetz soll auf das Verschweigen der Externalisierung erweitert werden. Dann anerkennt der Markt durch Unterlassen von Aufwendungen für die Erhaltung genutzter Gemeingüter eingesparte Kosten erstens nicht mehr als Marktleistung; zweitens können sich dann zu Erhaltungsinvestitionen bereite Unternehmen dagegen wehren, dass andere Marktvorteile genießen, indem sie weiter externalisieren, dies aber verschweigen(§ 4 UWG).
  • Schließlich müssen Vorstände von Aktiengesellschaften auch auf nachhaltiges Wirtschaften verpflichtet werden (nicht nur auf Mehrung des Shareholder-Values) – dann können sie nicht der Untreue bezichtigt werden, wenn sie für weniger Externalisierung Geld ausgeben.

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