Netzausbauplanung übertrieben

Zusammenfassung II

Der von den Übertragungsnetzbetreibern ermittelte umfangreiche Netzausbaubedarf ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das gegenwärtige Marktdesign eine Einspeisegarantie für fossilen Strom nach dem Merit-Order-Prinzip auch in Zeiten hoher Überkapazitäten vorsieht, welche dann vor allem für Stromexporte genutzt wird. Insbesondere die drei geplanten Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen) sind darauf angelegt, in wenigen Stunden mit viel Wind gleichzeitig auch viel Strom aus Kohlekraftwerken zu transportieren. Die Tatsache, dass in einem CO2-intensiven Stromsystem groß angelegter Leitungsausbau zu einer Steigerung der CO2-Emissionen führt, wird inzwischen auch von der internationalen Literatatur bestätigt. Der überhöhte Netzausbau kann dank einer Vielzahl von Maßnahmen auf ein technisch-ökonomisch angemessenes Niveau reduziert werden, wie z.B. ein kluges Einspeisemanagement für fossilen und erneuerbaren Strom, Redispatchmaßnahmen oder eine Umstellung des Marktdesigns auf netzknotenspezifische Preise („Nodalpreise“); hierzu gehört auch eine drastische Reduktion der den ÜNBs zugestandenen, garantierten Eigenkaptalrendite von derzeit über 9%, welches ein Vielfaches vergleichbarer, risikoarmer Anlagemöglichkeiten des aktuellen Kapitalmarktes darstellt.

Modellsimulationen zeigen, dass die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt gesteigert werden kann, wenn der Stromproduktions-, Einsatzund Transportbedarf bedarfsgerecht besser aufeinander abgestimmt werden würde (Kemfert et al., 2016) . Analog zu den erneuerbaren Energieträgern haben sich auch die Stromspeichertechnologien in den vergangenen Jahren rasch weiterentwickelt und dürften künftig auch eine 80100%-ige erneuerbare Stromerzeugung ermöglichen . Bereits heute steht eine Vielzahl von Speichertechnologien zur Verfügung, wie elektrochemische Batteriespeicher (u.a. Blei-Säure, Lithium-Ionen), Pumpspeicher im In- und Ausland sowie perspektivisch auch „Power-to-Gas“-Technologien mit Rückverstromung. Sowohl Modellrechnungen als auch Einschätzungen von Praktikern legen nahe, dass allein mit derzeit ve rfügbaren Speichertechnologien ein Anteil von 6080% Erneuerbare im deutschen Stromsystem machbar sind (Schill et al., 2 015; Zerrahn/Schill, 2015; Schucht, 2016) ; Speichertechnologien stellen für die Stromwende auf absehbare Zeit keinen Engpass dar; in Zukunft werden zunehmend Herau sforderungen und Potenziale der Sektorkopplung analysiert werden müssen.

Die empirische Evidenz legt nahe, dass der Ausbau erneuerbarer Energien auf absehbare Zeit weder vom Netzausbau noch von der Verfügbarkeit von Speichertechnologien eingeschränkt wird. Im Gegenteil ist zu beobachten, dass sich die Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren in den vergangenen Jahren so verbessert haben, dass technische Fragen für ein auf 80-100% erneuerbare Energien basierten Stromsystems als gelöst gelten; aus ökonomischer Perspektive ist ein auf Wind- und Sonnenenergie basierendes Stromsystem unter Berücksichtigung auch der Umwelteffekte ohnehin wohlfahrtssteigernd. Die Diskussion des EEG 2016 sowie der weiteren Ausgestaltung von Marktdesign, Netzausbau und Speicherintegration sollte sich an dem Leitbild eines zu 80-100% erneuerbaren Stromsystems orientieren.

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