18 Partner aus Industrie und Wissenschaft starten groß angelegte Klimaschutz-Initiative
Das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) hat gemeinsam mit dem BMBF, dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, der thyssenkrupp AG und 14 weiteren Partnern im Rahmen einer Pressekonferenz und mit einer aufwändigen Präsentation am 27.06.2016 im Landschaftspark Duisburg-Nord ein Projekt vorgestellt, das einen entscheidenden Schritt von der umstrittenen CCS (Carbon Capture and Storage) hin zur CCU (Carbon Capture and Utilization/Use) unternimmt.
Mit Carbon2Chem sollen Hüttengase aus der Stahlproduktion für die Produktion von Chemikalien genutzt und Kohlendioxidemissionen anhaltend verringert werden. Dafür wird Wasserstoff benötigt, der mit Hilfe Erneuerbarer Energien erzeugt werden soll. Der CO2-Ausstoß in der Region und auch an anderen Stahlstandorten soll wirtschaftlich nutzbar gemacht und somit ein klimarelevanter CO2-Einspareffekt erreicht werden.
Das Besondere an dem in sieben Teilbereiche untergliederten Großprojekt ist die enge Zusammenarbeit von Industrie und wissenschaftlichen Einrichtungen, etwa der Fraunhofer- und der Max-Planck-Gesellschaft, von Universitäten und Unternehmen. Entstehen soll ein Gesamtsystem aus Stahlwerk, erneuerbarer Stromerzeugung und chemischer Energieumwandlung. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 60 Millionen Euro gefördert. Ministerin Wanka: „Mit Carbon2Chem zeigen wir, wie Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Stahlproduktion dank Forschung und Innovation in Deutschland erfolgreich verbunden werden können. Damit sichern wir Arbeitsplätze in der Stahlbranche und den Industriestandort Deutschland.“ Mit dieser Technik könnte der CO2-Ausstoß der Industrie um 10 Prozent gesenkt werden.“ Und: „Was die wirtschaftliche Nutzung angeht“, so Wanka, „haben die Industriepartner bereits eine Milliarde im Kopf“. Die Partner aus Wissenschaft und Industrie schlagen mit „Carbon2Chem“ eine Brücke von der Grundlagenforschung in den Markt und planen bis 2025 mehr als 100 Millionen Euro Investitionen.
[note Die deutsche Stahlindustrie ist die siebtgrößte der Welt: 90.000 Beschäftigte und viele weitere Arbeitsplätze in Zuliefer- und Dienstleistungs-Unternehmen hängen von ihr ab. Als Lieferant hochwertiger Stahlerzeugnisse ist sie ein Eckpfeiler der deutschen Industrie und damit ein Garant für den Wohlstand unseres Landes. Die Stahlproduktion führt allerdings zu einem ganz erheblichen Ausstoß von Treibhausgasen. Carbon2Chem soll eine „klimarelevante wissenschaftlich geprüfte CO2-Senke“ werden“ (Schlögl, CEC)]
thyssenkrupp-Vorstandsvorsitzender Henrich Hiesinger nannte vier Punkte als Alleinstellungsmerkmale des Projekts, die sein Unternehmen zur Teilnahme bewogen haben:
- „CO2-Verringerung durch Verwendung als Rohstoff
- Beitrag zum Gelingen der Energiewende – C2C könne Schwankungen der Energieversorgung ausgleichen
- Potenzial, nicht nur ökologischen, sondern auch ökonomischen Fortschritt zu generieren
- völlig neuer Ansatz branchenübergreifender Zusammenarbeit“
Hiesinger kündigte den Bau eines eigenen Technikums für 30 Millionen Euro an. Er dankte für die politische Unterstützung als wichtige Rahmenbedingung, denn es werde noch 10-15 Jahre dauern, bis C2C im Großmaßstab funktioniere – also erst in der vierten Handelsperiode des ETS. Weltweit gebe es aber 50 Stahlwerke, in denen C2C eingesetzt werden könne. Als Mengenangabe nannte Hiesinger 2 Mio cbm Hüttengase, die zur Zeit am Tag ausgestoßen werden – „wir könnten den Gasometer von Oberhausen 150mal am Tag füllen“. Hiesinger nannte 55-60 Mio t Emissionen pro Jahr durch die Stahlindustrie – davon sei eine Reduzierung von ca. 20 Mio t möglich.
Ausdrücklich begrüßte Hiesinger die Teilnahme des MPI-CEC in Mülheim an der Ruhr als wissenschaftlich kompetenter Partner an dem Projekt. Hauptinitiator und wissenschaftlicher Koordinator von „Carbon2Chem“ ist Prof. Robert Schlögl, geschäftsführender Direktor des MPI-CEC und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. „Die Forschungsaufgaben, denen wir in diesem Projekt nachgehen, sind ganz wesentlich für ein System, das in Bezug auf CO2-Einsparung, betriebliche Stabilität und Wirtschaftlichkeit optimiert werden soll. ‚Carbon2Chem’ ist ein gutes Beispiel dafür, dass Grundlagenforschung effektiv in die Anwendung überführt werden kann. Nämlich dann, wenn sich verschiedene Branchen und Institutionen zusammenschließen und ihr Wissen für die Schaffung eines Technologiesystems bündeln,“ so Schlögl. „Wir zeigen, dass der geschlossene Kohlenstoffkreislauf technisch möglich ist.“