„Fehlsteuerung EEG 2016“ – „Energiewende falsch verstanden“ – „kein guter Tag für Bürgerenergie“ – Änderungen gefordert
Im Windschatten des Brexit-Votums hat der Bundestag am 24.06.2016 den Entwurf der EEG-Novelle 2016 in erster Lesung beraten. Nun laufen die betroffenen Verbände Sturm: Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft energie neu denken gUG sieht „keinen guten Tag für die Bürgerenergie“, eher einen „Bremsklotz für die Energiewende“. Andere, wie Eurosolar und das Bündnis Bürgerenergie ziehen mit.
„Die viel zu geringen Ausbauziele und die Ausschreibungen booten die Bürgerenergie aus und sprechen dem Klimaschutz Hohn“, so das Bündnis Bürgerenergie in einer Mailaussendung. Zwar sei das EEG noch nicht endgültig vom Bundestag verabschiedet. Wer die Debatte vom Freitag verfolgt habe, könne nicht übersehen, wie prominent das Wort „Bürgerenergie“ in den Beiträgen der Opposition, aber auch in denen der SPD vorkam. Eventuell bestehe hier noch eine Möglichkeit, mehr Ausnahmen für die Bürgerenergie zu erkämpfen. Allerdings sei „die Phalanx der Energiewende-Gegner in Bundesregierung und Bundestag mächtig, und die möglichen Verbesserungen für die Bürgerenergie wären wenig mehr als Schadensbegrenzungen“.
[note Aus der Debatte: „Wir fangen heute an, das EEG grundlegend zu reformieren“, sagte Hubertus Heil (SPD) zu Beginn. Das EEG habe ursprünglich die Erneuerbaren Energien anschieben sollen, dies sei bei der Größe der Branche jetzt nicht mehr nötig. Das neue System werde daher von einer Preissteuerung auf eine Mengensteuerung und zudem auf einen systemintegrierten Ausbau umgestellt – mit einem nach wie vor sehr ambitionierten Ausbauziel von 45 Prozent Erneuerbaren im Stromsektor 2025. Heil sieht noch dreifachen Diskussionsbedarf: bei der Sicherstellung der Akteursvielfalt, der möglichen Streckung der für 2017 geplanten Einmaldegression und bei den zuschaltbaren Lasten – diese müsse man mit Blick auf die Rolle der Speicher nochmal diskutieren. Michael Fuchs (CDU/CSU) forderte darüber hinaus, den Netzausbau und den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu synchronisieren. Man könne nicht Erzeugungsanlagen fordern, aber den Netzausbau verhindern – besonders mit Blick auf die Windkraft sei das unökonomisch.
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) sah die Klimaschutzziele 2020 in Gefahr. 2012 habe die Bundesregierung die Photovoltaik ausgebremst, 2014 die Bioenergie, jetzt die Windkraft. Die Welt setze auf die Erneuerbaren, so Krischer, nur Deutschland fahre in die andere Richtung; das sei nicht in Ordnung. Zum Thema Netzausbau räumte Krischer Probleme ein, nahm jedoch anders als Fuchs nicht die Bedenken von Natur- und Umweltschützern als Ursache wahr, sondern eine Blockade durch Horst Seehofer (CSU). Mit großer Sorge merkte Krischer an, dass Themen wie Speicher und Sektorkopplung wieder nicht den Weg ins EEG fänden.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bestritt sowohl eine Gefährdung der Klimaschutzziele als auch ein Ausbremsen der Erneuerbaren Energien. Und bei den Netzen gehe es nicht nur um Süddeutschland; auch in Norddeutschland hinke der notwendige Ausbau hinterher. Ein kontrollierter Ausbau der Windkraft habe daher nichts mit Ausbremsen zu tun, sondern mit Kostenbewusstsein. Thomas Bareiß (CDU/CSU) wies darauf hin, dass Deutschland die Hälfte der europäischen Offshore-Windkapazität realisiere. Bei der Photovoltaik verfüge Deutschland bereits über 40 der europaweit 100 Gigawatt Kapazität. Vorteil der EEG-Novelle sei, dass künftig dort investiert werde, wo tatsächlich Bedarf bestehe – und dass sie funktionierten, hätten die PV-Ausschreibungen sowie Erfahrungen des Nachbarlands Dänemark bereits gezeigt. Diskussionsbedarf sieht Bareiß noch in den Bereichen Eigenverbrauch und Akteursvielfalt.
Mit Blick auf diese Akteursvielfalt bewertete Katja Kipping (Die Linke) das geplante EEG allerdings als ein Energiewende-Verhinderungsgesetz. Die Ausschreibungspflicht benachteilige vor allem Bürgerenergieprojekte, die jedoch wegen ihres dezentralen Ansatzes und als Alternative zu Konzernen als Stromlieferanten wichtig für die Energiewende seien. Angesichts des wachsenden Strombedarfs ist aus Sicht von Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) die EEG-Novelle ebenfalls kein Beitrag zur Energiewende – der Ausbau der Erneuerbaren sei zu langsam, um diesen Anstieg abzufangen. Johann Saathoff (SPD) forderte vor allem eine stärkere Diskussion um die Netze. Dabei dürfe es nicht nur um die Behebung von Engpässen gehen, sondern auch um technische Varianten und die Verteilung der Lasten. Bei der gesamten EEG-Novelle gehe es schließlich darum, die Energieversorgung nicht nur sicher und sauber, sondern auch bezahlbar zu gestalten. Ingbert Liebing (CDU/CSU) warnte in diesem Zusammenhang davor, mehr Geld für Energieerzeugungsanlagen an schwächeren Standorten in die Hand zu nehmen – wichtiger sei es, starke und effiziente Standorte zu stärken.](nach Petra Hannen in pv magazine)